Freimaurerei

Das Geheimnis von Louisenlund von Peter Schraud

Freimaurerei

1775 war er 30jährig in Schleswig in die dänische LogeJosua zum Korallenbaum“ aufgenommen worden. Im selben Jahr erfolgte die Erhebung zum Meister und Protektor der neuvereinigten schleswig-holsteinischen Logen unter Aufsicht der Schottenloge „Carl zum stehenden Löwen“ in Schleswig. Und im kurzen waCarl von Hessen als Provinzial-Großmeister für die Freimaurertätigkeit des ganzen Nordens inklusive Dänemark und Norwegen verantwortlich und an der Seite von Prinz Ferdinand von Braunschweig mit der Durchführung des Wilhelmsbader Konvents von 1782 befasst.
Halten wir fest, dass er einer der maßgeblichen Freimaurer vor und nach Ausbruch der französischen Revolution war. Die Freimaurerbrüder Friedrich II. von Preußen (der Alte Fritz wollte Prinz Carl im Feldzug 1778/79 nur ungern von seiner Seite lassen) und Ferdinand von Braunschweig sprachen mit Hochachtung von ihm. In Louisenlund und Schloss Gottorf trafen sich die Emissäre einer kommenden Welt der Brüderlichkeit. Carl blieb allerdings auch nach Erlöschen der „Strikten Observanz“ ein Anhänger der Maurerei des praktisch-magischen Wissens. Ja, seine spirituelle Vielseitigkeit – von der Mystik bis zur tätigen Alchimie – gaben ihm eine Sonderstellung, auch wenn man seine persönliche Theosophie als verwand mit demLyoner System“ des Seidenhändlers Willermoz (1730 – 1824) betrachten kann.

Doch schließlich war Carl um seinen 35. Geburtstag herum Schüler eines ganz besonderen Meisters geworden: Graf Saint Germain, der im Herbst 1779 in Schleswig angelangte und viereinhalb Jahre blieb – man kann also vier Sommer in Louisenlund zählen bis zu seinem Tod in der von Carl vorgesehenen, neu eingerichteten Farbenfabrik in Eckernförde am 27. Februar 1784.
Wir müssen uns Carl als einen sehr wissbegierigen, gelehrigen Schüler und Freund vorstellen. Viele Stunden täglich offenbarte ihm der über 80jährige Eingeweihte die Geheimnisse der Natur und der Menschheitsentwicklung, mancherlei alchemistische Experimente führten sie gemeinsam aus, eigenhändig rührte Carl in den großen Bottichen zum Färben der Seidenstoffe, denn dieses Projekt sollte die Industrie des kleinen Landes anheben. Aus Saint Germains Versuchen mit dem schwarzglänzendenCarl-Metall“ ist nach einigen Zwischenstufen die Carlshütte in Rendsburg (Büddelsdorf) entstanden. Carl wusste, dass er an der Seite des meistverleumdeten Europäers seiner Zeit selbst in ein schiefes Licht kommen konnte, dass die Mitwelt ihn als leichtgläubigen Schwärmer einstufen würde. Aber man soll Carls frühgereifte Urteilsfestigkeit nicht gering schätzen. Das beste Beispiel ist sein symptomatisches Eintreten für den christlichen Glauben gegenüber dem beißenden Spott Friedrichs des Großes (siehe Ergänzung).

Dieser Mann überliefert 1816, im Abfassungsjahr seiner „Mémoires“, über Saint Germain:

„Es gibt fast nichts in der Natur, was er nicht zu verbessern und nützlich zu machen verstand. Er vertraute mir fast alle Kenntnisse von der Natur der Dinge an, aber nur die Anfangsgründe, und ließ mich dann durch Versuche die Mittel zur Erreichung des Zwecks selbst suchen und freute sich ungemein über meine Fortschritte. So machte er es in Bezug auf die Metalle und die Steine [Edelsteine]; aber die Farben teilte er mir wirklich mit, sowie einige andere sehr wichtige Kenntnisse. – Er kannte die Kräuter und Pflanzen aus dem Grund und hatte Arzneien erfunden, deren er sich ständig bediente und welche sein Leben und seine Gesundheit verlängerten. – Er war vielleicht einer der größten Weltweisen, welche je gelebt haben. Er liebte die Menschheit; Geld verlangte er nur, um es den Armen zu geben. Er liebte selbst die Tiere, und sein Herz beschäftigte sich nur mit dem Glück anderer. – Ich habe nie einen Mann von klarem Geiste gesehen, und dabei besaß er eine Gelehrsamkeit, besonders in der Geschichte, wie ich sie selten gefunden habe.“ Aus noch späterer Zeit, unter dem 17. April 1825, ist ein Brief Carls an Prinz Christian von Hessen-Darmstadt erhalten: „Was Saint Germain betrifft, so bin ich der Einzige, dem er sich anvertraut hat. Er war der größte Geist, den ich kannte. Er starb bei vollem Verstande in Eckernförde. Ich war damals in Kassel. Er ließ mir durch seinen Arzt, der ein eingeweihter Bruder war, sagen, er stürbe im Glauben an Jesus Christus; das würde mich freuen. Wir haben viel zusammen über Religion gesprochen, aber er war nichts weniger als ängstlich.“

Wenn man dieses Zeugnis – des Mannes, dem Saint Germain am meisten vertraut und anvertraut hat – abwägt gegen den Wust von Verdächtigungen und Ehrabschneidereien, die den berühmten Alchimisten, einst hochgeschätzt an Europas Fürstenhöfen, nun zur letzten Zuflucht (oder Flucht?) ins unscheinbare Schleswig-Holstein getrieben hatten, dann wächst die Anteilnahme an diesem besonderen Menschen Carl von Hessen – und seiner Schöpfung,

„den Anlagen des freimaurerischen Initiationsparks in Louisenlund und dem freimaurerischen Alchemistenturm, dem einzigen in der Welt, dessen Standort heute sicher ist.“

Mit anderen Worten: Wer Spuren sucht, wo der „Weltenwandler“ Graf Saint Germain nachweislich gewirkt hat, muss sie im Park von Louisenlund suchen, unter den von Gestrüpp überwachsenen Fundamentsteinen des Alchemistenturms (abgesehen von der ehemaligen Otte’schen Fabrik und dem „Christianspflegehaus“, Kieler Str. 92-96 in Eckernförde, dem Sterbehaus; denn der Grabstein in St. Nicolai ist ja nicht mehr erhalten).

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