Radam komplett

Friedhard Radam:

Graf Saint Germain in der Literatur

Ein Quellenstudium

(1982)

 

Bibliographie

Vorbemerkungen
Theoretische und vorbereitende Literatur
Nachschlagewerke
Enzyklopädien, (Konversations-)Lexika
Biographisch-historische Lexika und Wörterbücher (hier auch Bio-Bibliographien)
Spezielle Nachschlagewerke
Bibliographien
Potenzierte und Allgemein-Bibliographien, inclusive derer von Zeitschrifteninhalten (nur zusammenfassend)
Fachbibliographien Geschichte (incl. Fachzeitschriften)
abgeschlossene
laufende
Fachzeitschriften
Spezialbibliographien
Bibliothekskataloge
Werke Saint-Germains
Quellen und Zeugnisse
Sekundärliteratur
Titel mit ‚Saint-Germain‘ als Hauptgegenstand (Monographien und Aufsätze)
Titel, in denen St.-G. mitbehandelt oder erwähnt wird
Umfeld H. Werke der Fiktion I. Esoterisches Schrifttum


Vorwort

Einleitung

“Heutzutage wissen die Leute so wenig, wer oder was jemand oder was etwas ist, daß sie alles mit allem verwechseln.”
(Alexander von Lernet-Holenja, Der Graf von Saint-Germain)

Informatorische Ausgangslage

“Sie kann es nicht schreiben’, sagte er scharf”.
Sie können es fast alle nicht schreiben. Es geht um das Wort “Eckernförde”, und “sie” ist in diesem Falle das Mädchen Abelone, dem der Graf Brahe, ihr Vater, in Rilkes fiktiven Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge’ seine Memoiren diktiert. In seinem Lebensrückblick ist er hierbei auf die Gestalt des Grafen von Saint-Germain gestoßen.

Ist man nun zufällig Einwohner der Stadt Eckernförde geworden, und kann man weiterhin aufgrund ominöser Erinnerungsfetzen vermuten, daß der Graf von Saint-Germain eine historische Figur sein könnte, so schlägt man vielleicht, von einem Nullpunkt des Wissens aus und neugierig auf die Zusammenhänge, ein altes Lexikon auf und findet beispielsweise folgende Eintragung:

“Saint- Ger m a i n (Graf), ein Alchimist und Abenteurer, der sich zuweilen auch Aymar oder Marquis de Betmar nannte, war wahrscheinlich ein Portugiese und trat um 1770 zuerst in den feinen Pariser Circeln auf. Er war stets auf Reisen und verschaffte sich selbst an mehrern Höfen Zutritt: Zuletzt lebte er in Kassel bei dem Landgrafen Karl von Hessen. Hier starb er 1795, nach andern Angaben 1784 zu Schleswig. Vgl. Bülau, der Graf von S. (in Bd. l der Geheimen Geschichten und rätselhaften Menschen, 2. Aufl., Lpz. 1863).

Von den Ergebnissen meiner Arbeit ausgehend kann ich sagen:
an diesem Lexikon-Artikel ist fast nichts richtig oder ausreichend genau wiedergegeben. Ich will hier nur Stichworte zu den einzelnen Bestandteilen geben:

  • a) in diesem Lexikon von 14 Bänden zu je etwa 1000 Seiten erhält kein weiterer Saint-Germain eine Eintragung (zumindest einer, der französische Marschall und spätere Kriegsminister Claude-Louis de Saint-Germein wäre hier Aspirant gewesen); das ist eine Irreführung, wenn auch hier ausnahmsweise zugunsten unseres Grafen.
  • b) der Grafentitel wird durch das Hintansetzen und die Klammer in Zweifel gezogen: läßt sich bei der nicht ganz geklärten Herkunft vertreten.
  • c) “Alchimist” ist der Eintragung in demselben Lexikon zu dem Stichwort “Alchimie” zufolge dem Sinne nach als “betrügerischer Goldmacher” zu übersetzen: Verleumderisch; er hat sich nie mit “Goldmachen” im Sinne von “Geldmachen” beschäftigt;

und zuverlässige Quellen betonen gerade, daß er nie mit Schulden ein Land verlassen habe.

  • d) “Abenteurer”: zur Definition führt hier das Lexikon Saint-Germein selbst als Beispiel an: “… eine andere Klasse … bilden die Abenteurer, welche namentlich im 18. Jahrhundert als Alchimisten, Geheimbündler, Magnetiseure usw. den Aberglauben und die Leichtgläubigkeit der Großen ausbeuteten, wie Cagliostro, Graf Saint-Germain und viele andere.”

Hier werden zwei Arten von Gewächsen in einen Topf gepflanzt. Cagliostro wird man die genannten Vergehen vorwerfen können; bei Saint-Germain handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um üble Nachrede; eher ist er selbst von den “Großen” ausgebeutet worden.

  • e) auch Aymar oder Marquis de Betmar”:

1. zweite Angabe nicht ganz einwandfrei, denn er nannte sich Marquis de Belmar oder Bellamare oder ähnlich, ein “t” tauchte aber in seinem Namen nicht auf.
2. nichtssagend, denn der Graf von Saint-Germain führte an die 20 Namen, und gerade unter den beiden hier angegebenen sind bei ihm keine besonderen Aktivitäten zu verzeichnen.

  • f) “wahrscheinlich ein Portugiese”: mit Gewißheit falsch und auf einer Verleumdung beruhend.
  • g) “trat 1770 zuerst in den feinen Pariser Circeln auf”: falsche Angabe, insofern er bereits 1758 in Paris auftrat, 1770 hatte er Frankreich seit 10 Jahren schon wieder verlassen.
  • h) “er war stets auf Reisen”: wenig zu bestreitende Feststellung, wenn man auch ein zeitweiliges Dasein als Flüchtling unter “stets auf Reisen” subsummiert. (Außerdem ist er zumindest in den letzten 5 Jahren seines Lebens seßhaft gewesen
  • i) “verschaffte sich selbst an mehrern Höfen Zutritt”: eine Bemerkung, die nicht ganz fehlgeht, aber dennoch fälschlich ein permanentes, hartnäckiges Sicheinschleichen, wenn nicht gar Gewaltsamkeit, insinuieren möchte.
  • k) “zuletzt lebte er in Kassel bei dem Landgrafen Karl von Hessen”: der Landgraf  Karl von Hessen-Kassel, bei dem er seine letzten Lebensjahre verbrachte, hat sich selbst nur als Kind in Kassel längere Zeit aufgehalten, er lebte als Statthalter des dänischen Königs in Schleswig-Holstein auf Schloß Gottorf  beiSchleswig; das Domizil Saint-Germains war vorwiegend die benachbarte Stadt Eckernförde.
  • k) “hier starb er 1795″: in Kassel also. Da er nie dort gelebt hat, kann er dort kaum gestorben sein; außerdem fällt sein Tod, wie in der folgenden Variante dann ausnahmsweise richtig angegeben wird, in das Jahr 1784.
  • l) “nach anderen Angaben 1784 zu Schleswig“: auch wieder nur halb richtig. Zu diesen “andern Angaben” gehört vor allem das Kirchenbuch von Eckernförde. Auch im Jahre 1886 hat es schon Literatur gegeben, anhand derer die Redaktion des größten deutschsprachigen Lexikons hätte feststellen können, daß der Graf von Saint-Germain in der Tat im Jahre 1784, aber 20 km von Schleswig entfernt, eben in Eckernförde, gestorben ist.
  • m) Literaturangabe Bülau: B. gibt in der Vorrede zu seinem Werk selbst an bzw. zu, daß es zum großen Teil auf den “Souvenirs” Karl-Heinrichs von Gleichen beruht, rein persönlichen Erinnerungen also. Auch ist, wie der Titel seines Buches “Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen” schon anzeigt, Bülau von vornherein auf Absonderlichkeiten ausgewesen.

An richtigen, gesicherten Fakten und wesentlichen Aussagen bliebe, wenn man es sehr streng nimmt, von dem ganzen Abschnitt also nur übrig:

Saint-Germain, ein Mensch, der einen umstrittenen Grafentitel führte, war stets auf Reisen und starb im Jahre 1784.

Am Schluß meiner Arbeit, in Kapitel VI, werde ich zu zeigen versuchen, wie heute ein Enzyklopädie-Artikel über Saint-Germain aussehen müßte oder könnte. Es ist nämlich keineswegs eine effekthascherische Verzerrung der lexikographischen Situation, wenn ich hier ein Beispiel anführe, das bereits einhundert Jahre alt ist.
Zum einen hätte man viele der heute anzugebenden Fakten auch zu der damaligen Zeit schon (besser) wissen können. – Zum andern erlebt man seine Überraschung, wenn man sich mit dem allerneuesten Entwicklungsstand vertraut machen will. Ich zitiere die jüngste Ausgabe des ‘Brockhaus’, erschienen im Jahre 1980:

“Saint-Germain Wiedergabe in Lautschrift, Graf von S.-G., portug. Abenteurer des 18. Jh., nannte sich auch Aymar und Marquis de Betmar . Seit 1770 trat er in Pariser Klubs und an dt. Höfen auf, zuletzt wahrscheinlich am Hof des Landgrafen Karl von Hessen in Kassel. Er soll dort 1795, nach anderer Version aber bereits 1784 in Eckernförde gestorben sein.”

Den Kommentar kann ich mir, denke ich, ersparen. – Nur einige Kleinigkeiten: Interessant wäre es z. B., welchem Erkenntnisschub man es verdankt, daß der Grafentitel Saint-Germains nicht mehr angezweifelt wird. Und welcher Geschichtsdetektiv hat ihn neuerdings in “Pariser Klubs” aufgespürt? Der wesentliche Unterschied zu der Eintragung von 1886 besteht darin, daß die ‘Brockhaus’-Redaktion dem Informationssuchenden in der allerletzten Auflage ihres Produkts auch noch gänzlich den Rettungsanker der Literaturangabe entzogen hat.

Wer daraufhin hilfeheischend nach anderen Lexika greift, stellt fest: der ‘Brockhaus steht mit seinen Mitteilungen über St.-G. sogar fast allein in vorderster Front, (über einen Nebenvermerk im ‘Meyer’ weiter unten). Von den größeren Allgemeinen Nachschlagewerken der deutschsprachigen Länder -neben den beiden schon erwähnten: ‘Duden-Lexikon’, ‘Meyers Neues Lexikon’ (DDR), ‘Schweizer Lexikon’, ‘Großes Donauland Lexikon’ – würdigt keines ihn einer Zeile. Im internationalen Rahmen steht es etwas besser um ihn: etwa ein Drittel der großen Enzyklopädien verzeichnen ihn (s. Bibliographie) bei denen unser Zivilist quantitativ einen schwachen Sieg über sein militärisches Pendant davonträgt. Die Qualität des über ihn Mitgeteilten entzieht ihm dann allerdings wieder jeden erreichten Vorsprung.

Wenn der Zugereiste nicht zufällig eine fundierte Biographie des Grafen in die Hände bekommt – was im deutschsprachigen Gebiet eine Seltenheit wäre – wird er allenfalls über ein Heimatbuch des Kreises Eckernförde die bestimmte Auskunft erhalten, daß dieser in der gleichnamigen Stadt begraben ist. Auch nach diesen Funden wird ihm jedoch nicht klar, warum eine Persönlichkeit wie Indira Gandhi eigens an diesen entlegenen Ort gereist kommt, um sein Sterbezimmer zu sehen. Das eines “Alchimisten” und “Abenteurers”? Nur wenn der Neuling zufällig auch Besitzer und Benutzer des “Lexikon des Geheimwissens” von Horst E. Miers ist, werden ihm ein wenig die Zusammenhänge klarer. Weiß umgekehrt diese gedachte Person beiläufig von einem Grafen von Saint-Germain, der im Paris Ludwigs XV. ein mysteriöser Mittelpunkt der Gesellschaft war, so muß sie sich fragen: wie gelangt eine solche Erscheinung gerade nach Eckernförde?
 Die Person stellt nach einigen weiteren, sehr umständlichen Nachforschungen fest: Der Graf von Saint-Germain, der vermutlich seiner Abstammung nach halber Deutscher war, ist in dem Lande seiner Vorfahren mütterlicherseits nahezu unbekannt oder aber als schwindelhafter Magier verkannt. Das gilt nicht nur für das breite Publikum, sondern für Historiker und Lexikographen gleichermaßen. (Die Bibliothekare als Vermittler der von den soeben genannten Personengruppen erarbeiteten Informationen kann man hier der Natur der Sache nach nicht ausschließen). Bei dem Versuch, genauere Auskunft über Saint-Germain einzuholen, stößt man permanent auf  Lücken oder Mängel. Lücken insofern schon, als seine Person, ob in “reference works” oder in historischen Darstellungen seiner Zeit, häufig ganz ausgespart wird; Mängel in beiden Richtungen, entweder in der übertreibenden Glorifizierung als “Wundermann” ohne Rucksicht auf die, tatsächlichen Gegebenheiten oder aber in der ungeprüften Übernahme herabsetzender und über die Jahrhunderte tradierter Bewertung Saint-Germains als einer Art von Ganoven.

Das vorläufige Fazit wäre: der nicht spezialisierte Benutzer einer nicht spezialisierten Bibliothek (hier käme noch die Erschwerung hinzu: spezialisiert auf welchem Gebiet?) kehrt von seiner Suche nach Informationen über den sogenannten Grafen von Saint-Germain mit einem Hirn zurück, das nicht angefüllter als vorher oder aber mit falschen Gewichten belastet ist. -
Der Graf von Saint-Germain ist sicherlich ein Extremfall. Zuviel Parteilichkeit, Mißverständnisse, Verschleierungen und besondere Unwissenheit hat es um ihn herum gegeben, bis heute; weite Strecken seines Daseins sind überhaupt nicht oder kaum aufgeklärt. Ich bin aber bei meinen Nachforschungen darauf gestoßen, daß es selbst bei Personen, die im vollsten Lichte der Öffentlichkeit standen wie z. B. Ludwig XV., der kaum einen Schritt allein und unbeobachtet tun konnte, und bei dem scheinbar jede Stunde seines Lebens dokumentiert ist, Unklarheiten und Unstimmigkeiten grober Art gibt. Das betrifft vor allem seinen Charakter, aber in etwas entlegeneren Memoirenwerken kann man auch immer noch unbekannte Sachdetails entdecken. Ist dies schon bei angeblich von der Forschung ausgeschöpften Gestalten der Geschichte so, um wieviel mehr kann es bei geringeren Zelebritäten der Fall sein! In diesem Sinne könnte der Graf von Saint-Germain sogar als Musterbeispiel dienen.

Biographische Tatsachen

Grundsatzliche Bemerkungen
Was weiß man vom Grafen Saint-Germain?

Auf die ironische Frage, ob er überhaupt gelebt habe, kann man antworten: “Das zumindest hat er!” Wollte man die Antwort gleichfalls ironisch ausfallen lassen, könnte man allerdings hinzufügen
”Viel mehr steht über ihn aber auch nicht genau und unbestritten fest.”
 Ganz so schlimm ist es im Ernste nicht. Man kann die Existenz des Grafen schon auf das 18. Jahrhundert fixieren. Sein Tod im Jahre 1784 ist dokumentiert. Aber steht auch fest, was dokumentiert ist? Die Esoteriker unter den Autoren, und das sind nicht wenige, bezweifeln zum Teil seinen “echten” Tod, obwohl er kirchenamtlich bescheinigt ist. – Steht nur fest, was auch eindeutig dokumentiert ist? Dann bliebe vom Leben des Grafen nicht viel mehr als eine Handvoll Aktionen musikalischer, diplomatischer, technischer Art übrig, die allein nicht viel von ihm preisgeben. Sein Aufenthalt im historischen Mittagslicht beschränkt sich ohnehin auf einige wenige Jahre.

Herkunft und Identität Saint-Germains
 “Fragwürdig im Sinne von “befragenswert”  ist schon seine Herkunft. Eindeutig, nämlich eindeutig falsch, da angenommen, ist der Name, unter dem man ihn kennt. Er selbst hat immer wieder darauf hingewiesen oder durchblicken lassen, daß er seine wahre Identität kaschierte. (Mit der namhaftesten französischen Familie “de Saint-Germain” hatte er nachweislich nichts zu tun, hatte er so wenig zu tun, daß deren bekanntester Vertreter, Claude-Louis, obwohl zeitweilig unfreiwillig sein Doppelgänger, es in seinen Memoiren nicht für wert hielt, sich mit dieser Namensgleichheit auseinanderzusetzen. Er erwähnt ihn überhaupt nicht. Von einer Verwandtschaft war auch nie gerüchtweise die Rede – dafür hat es umso mehr die schon erwähnten Verwechselungen gegeben).

Erst am Ende seines Lebens sollte Karl von Hessen-Kassel von ihm die Symbolik des Namens erfahren, den er sich selbst beigelegt hatte.-


’Von einem Vornamen Saint-Germains ist nur an einer einzigen Stelle die Rede. Kein Autor geht weiter darauf ein.
Seine Abstammung, deren Halbdunkel er nur selten aufhellte, ist schon für Heutige schwer zu bestimmen, für das zeitgenössische Publikum blieb sie ganz und gar obskur. Es hat aus diesem Grunde auch nicht an weit hergeholten Vermutungen und verleumderischen Gerüchten gefehlt.’

Er soll beispielsweise gewesen sein
der Sohn des Steuereinnehmers Rotondo aus San Germano in Savoyen; 
natürlicher Sohn eines böhmischen Rosenkreuzers der sich Comes Cabaticus nannte;
 ein Daniel Wolf, Sohn eines jüdischen Arztes aus Straßburg;
oder aber auch der Geigenspieler Catalani;
 dann wieder ein Nachkomme Heinrichs IV. von Frankreich.

Ich kann alle diese und andere Behauptungen hier als wenig stichhaltig übergehen. – Am häufigsten kolportiert wurde des französischen Premier- und Außenministers Choiseul Behauptung, man wisse wohl, wer dieser ‘Graf von Saint Germain’ eigentlich sei, nämlich ein portugiesischer Jude. Dieses in einem Anfall von Ärger dahingeredete Wort läßt, nach einem Wort Balzacs in dessen Erzählung “Katharina von Medici”, in der auch vom Grafen von Saint-Germein die Rede ist, sehr schön “erkennen, dass die Historie selbst im Augenblick, wo sie vor sich geht, gefälscht wird
. St.-Germain war häufiger Gast der Choiseuls. Den Minister hatte das nicht gehindert, die Abstammung des geheimnisvollen Fremden ausspionieren zu wollen, vor allem weil die unbekannten Einkommensquellen des Grafen bei ihm professionelle Neugier und Argwohn weckten. Mußte das ganz und gar negative Ergebnis allein schon den an einen Erfolg seiner ausgepichten Methoden gewohnten Minister irritieren, so wurde er auch noch zusätzlich gereizt durch den Einfluß des Grafen auf seine Gattin, die nach den Vorschriften St.-Germains Diät zu leben versuchte. Eine provokante Situation bei Tisch entlud sich bei Choiseul in der genannten wegwerfenden Bemerkung. Sie entsprang purem Drang, sein Unwissen zu kompensieren, verbunden mit dem Bestreben, den Grafen herabzusetzen. Daß er ihn dabei als “Juden” tituliert, ist kein Zufall. Auch bei anderen Zuschreibungen von Namen und Abstammung ist deutlich eine antisemitische Tendenz zu spüren Was den (natürlich selbst adligen) Choiseul besonders vexierte, war das Verhalten seines Königs dem Herrn von Saint-Germain gegenüber. Er behandelte diesen wie, um nicht zu sagen: als seinesgleichen.
 Nach den beiden Hauptannahmen, die sich inzwischen herauskristallisiert haben, stammte Saint-Germain denn auch in jedem Falle aus dem europäischen Hochadel. In der Sprache des 19. Jahrhunderts: er war fürstlichen Geblüts. Eine solche Abkunft würde vieles erklären.

icht allein, daß Ludwig XV. und andere gekrönte oder einer Krone nahe Häupter in ihrem Verhalten zeigten, daß sie wüßten, wen sie vor sich hätten; die gesamte Kombination von Manieren, Weltgewandtheit und Kenntnissen in Verbindung mit einem Reichtum, dessen Ursprung niemand ermitteln konnte, der aber offenbar nicht oder nur zum Teil aus der Auswertung von Fertigkeiten oder Geschäftstätigkeit stammte, weisen auf adeligen Ursprung hin. Ich will hier schon auf eine Auffassung Ceria / Ethuins eingehen, die ich später wieder aufnehme, Saint-Germains manchmal immense Mittel stammten angeblich aus dem Fundus der Rosenkreuzer, in deren Auftrag er eine Mission zu erfüllen gehabt hätte. Diese Auffassung muß der von der adeligen Geburt nicht unbedingt widersprechen. Adel kann bekanntlich verarmen, und der Graf von Saint-Germain war für seine Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft bekannt; er steckte viel Geld in Experimente, war— laut unserem ‘Brockhaus* – “stets auf Reisen” und hat nachweislich finanzielle Verluste erlitten (Kaperung eines Handelsschiffes, an dem er beteiligt war; Versuche, die nicht, wie geplant, industriell realisiert werden konnten).
 Unter Umständen könnte man sogar Saint-Germains übertriebenen Stolz auf seine in der Öffentlichkeit immer verhehlte oder nie genau spezifizierte Abstammung als Indiz für seine “hohe” Herkunft heranziehen. (Bei einem Parvenü ließe sich diese Haltung allerdings genau so gut erklären. Auch die offensichtlich monarchistische Gesinnung St.-G.’s wäre mit beiden Annahmen zu interpretieren). Akzeptieren wir Theorie 2 (siehe weiter unten), so wäre dieser Stolz psychologisch legitimiert; Saint-Germain wäre demnach nämlich eine lange Zeit seines Lebens aus politischen Gründen gezwungen gewesen, Herkunft und wahren Namen geheimzuhalten.
 Die beiden Hypothesen haben zwei Dinge gemeinsam: neben dem adeligen Stammbaum sprechen ihm beide eine deutsche Mutter zu. Saint-Germain soll sogar deutsch ohne Akzent gesprochen haben. 
Diese Angabe erregt allerdings eher Mißtrauen. Denn was für einer Art von Deutsch sollte er, ein Fürstensohn des 18. Jahrhunderts, sich bedient haben? Bekanntlich konnte sich Friedrich II. von Preußen in der Sprache seines eigenen Volkes nur kauderwelschend ausdrücken. Ein Hochdeutsch als Einheitssprache gab es außerdem noch nicht; jeder, der deutsch sprach, mußte also einen bestimmten Akzent haben. – Nach Theorie 2 ist er auch vom Stadium eines kleinen Kindes an in Italien aufgewachsen, ohne Mutter, bestenfalls könnte er also eine deutschsprechende Amme gehabt haben.
 Nach Hypothese l wäre Saint-Germain als der uneheliche Sohn der Witwe Karls II. von SpanienMaria-Anna von (Pfalz-) Neuburg und des letzten sogenannten Almirant von Kastilien, / Juan-Thomas Enriques de Cabrera, Herzog von Rioseco, Graf von Melgar, im Jahre 1700 im Exil der Maria-Anna zu Bayonne geboren.
Es würde zuviel Platz beanspruchen, hier das Für und Wider zu erörtern – und damit auch, warum ich Hypothese 2 zuneige. Immerhin wird Theorie l von Paul Chacornac favorisiert, wohl dem gelehrtesten der Biographen St.-Germains. Sie erscheint mir selbst aber weniger plausibel als die andere zur Debatte stehende. Nach dieser Hypothese wäre “Saint-Germain” der erstgeborene Sohn des Fürsten Franz II. Rakoczy von Siebenbürgen (Transsylvanien), des Führendes Aufstands der Ungarn gegen die Habsburger, und dessen Gemahlin Amalie-Charlotte von Hessen-Rheinfels; und er wäre geboren im Jahre 1696 am 28. 5. zu Clui (Klausenburg)

Die offizielle Geschichtsschreibung läßt diesen Erstgeborenen Leopold-Georg, im Jahre 1700 sterben.
Ein Teil der Saint-Germain-Historik ist hingegen der Ansicht, dieser Tod sei fiktiv gewesen, man hätte den Jungen nur für die Akten sterben lassen, da er als Abkömmling eines Rebellen möglicherweise in seinem Leben vom Hause Habsburg bedroht gewesen sei. Er sei seiner Mutter fortgenommen und dem befreundeten Hause Medici in Florenz zur Erziehung übergeben worden. Dessen letzter männlicher Sproß, Giovanni Gaston, sei sein Ziehvater gewesen.
 Der Feindschaft der Dynastie Habsburg wegen hätte “Saint-Germain” nie seinen Namen Rakoczy öffentlich führen können. Zunächst hätte sein wirklicher Vater politische Pläne mit ihm haben wollen, später, nachdem dessen Rebellion niedergeworfen worden, er selbst ins Exil gegangen sei, wäre ein Tragen des Namens inopportun gewesen.

Diese zweite Version hat unter anderem vor allem für sich, daß sie von dem Betroffenen selber stammt. Nicht nur, daß er in einem Inkognito schon vorher sich “Tsárogy” genannt hatte; auch dem Grafen Alvensleben gegenüber, der für Friedrich II. von Preußensondierend die Fühler nach ihm ausstreckte, teilte er mit, er sei ein Rakoczy. Und an seinem Lebensabend vertraute er dem Landgrafen Karl die Herkunft von diesem Stamm als seine wahre an. 
Befremdend bei dieser von Karl notierten Geschichte ist auf den ersten Blick nur, daß Saint-Germain, ihr zufolge, den Stammbaum derer von Rakoczy etwas durcheinanderbringt. Abgesehen davon, daß es sich um seine eigene Familie handelte, bestand eines seiner gesellschaftlichen Glanzstücke im Produzieren weit zurückliegender historischer Details und dynastischer Verbindungen. Auch rühmte er sich selbst seines Gedächtnisses – es war offenbar immens. Zu diesem Widerspruch folgendes: Karl als Memoirenschreiber ist im Prinzip unbedingt zu vertrauen. Trotz seines Rufes als “Schwarmgeist” erweist er sich in seinen Erinnerungen als “ehrliche Haut” und nüchterne Seele. Zu bedenken ist jedoch: Er war bei ihrer Abfassung schon hochbetagt, und er hat sie nicht selbst niedergeschrieben, sondern diktiert, die Irrtümer waren also leicht zu erklären. Auch ist nicht einzusehen, warum Saint-Germain am Ende seines Daseins, da er sich längst von den Zentren der Gesellschaft entfernt und auch sonst nichts mehr zu erwarten hatte als den Tod, und dazu noch einem Vertrauten gegenüber geschwindelt haben sollte. Mir scheint das ohnehin das stärkste Argument für diesen Ursprung zu sein. Selbst sein angenommener Name läßt sich Saint-Germain selbst zufolge – aus dieser Abstammung aus dem Hause Rakoczy erklären. Seine beiden jüngeren Brüder, wird uns via Karls Memoiren mitgeteilt, seien eines Tages zu (Habsburgs) Kreuze gekrochen und hätten “nach dem Kaiser und der Kaiserin die Namen St. Karlo und St. Elisabeth erhalten”. Daraufhin hätte er sich gesagt:
”Gut dann will ich mich Sanktus Germanus, den heiligen Bruder nennen”
 Zur weiteren Illustrierung möglicher Komplikationen will ich an dieser Stelle die Probleme ausbreiten, die sich dem darbieten, der sich Saint-Germain von musikalischen Gefilden her nähert. In dem Standardwerk “Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ wurde er auf der Suche nach einem Stichwort “Saint-Germain” überhaupt nichts finden – obwohl in demselben Werk sich, mit Porträt des Grafen und Wiedergabe eines illustrierten Partiturblattes von ihm, fast vier Spalten (= zwei Seiten) über ihn entdecken lassen, mit geradezu ausführlicher Lebensbeschreibung, die in sämtlichen Lexika ihresgleichen sucht, und einer fast zwei Spalten einnehmenden und sehr eng gedruckten Bibliographie, für die das gleiche gilt und das nicht nur bei des Grafen musikalischen Originalwerken – sie ist so genau und ergiebig, wie man es sich bei den meisten in der Hauptsache mit Saint-Germein beschäftigten Autoren vergeblich wünschte. – Nur muß man, um zu dieser Fundstelle zu gelangen, von vornherein wissen, daß man unter “Giovanni nachzuschlagen hätte!

Wie gerät der Suchende an diese Quelle? Immerhin über eine Verweisung im Alphabetischen Katalog der Staats- und Universitätsbibliothek, denn die Bibliothek hat ein Notenmanuskript von “Count de Saint-Germain”in ihrem Besitz.
Auf dem dazugehörigen Katalogzettel heißt es:

“The favourite songs in the opera call’d L’Incostanza delusa (Ausz.) (Comp. by Count St. Germain, d.i.Giovan-nini and Guiseppe Fernando Brivio.) London: Waish (1745). 20 S. 4°…”

Auf der Verweisungskarte ist “Saint-Germain, Ct.” allerdings als Pseudonym von Giovannini angegeben.
Erst über den Umweg einer ausländischen Publikation erreicht jemand in diesem Labyrinth sicher sein Ziel: “Grove’s Dictionary of Music and Musicians” ; führt unseren Grafen einmal unter “Giovannini” ; und auch unter “Saint-Germain, Count of“ mit genauer Querverweisung.
”Grove’s” erste Kennzeichnung seiner Person lautet übrigens “Hungarian mystic”! (und beide Musik-Lexika nennen sein genaues Todesdatum. Weiterhin erfährt man, daß die Gleichung Giovannin = Saint-Germain von einem ‘Gerber’ stamme, dessen Ausführungen man auch sogleich in der Musikabteilung der SuUB nachprüfen kann, denn er ist Verfasser eines sehr frühen Fachlexikons. In diesem schreibt er:

‘Giovannini (…) [Klammern und Punkte von Gerber] Spielte auch als vorgeblicher Graf St. Germain eine Rolle, und das besonders zu London, wo er ums J. 1745 nicht nur ein Konzert in der Lady Brown Hause errichtete, sondern auch ein sogenanntes Pasticcio: L’Incostanza delusa, für die dasige große Oper ein¬richtete, worin seine Arien, z. B. Per pietä bell’ idol mio etc. …”

“Grove’s” Autor “A .L. “fährt dann aber fort, die Behauptung Gerbers, Saint-Germains wirklicher Name seiGiovannini – die wie der portugiesische Jude durch Lexika geschleppt wird- scheine völlig unbegründet zu sein (Gerber gibt auch keine Begründung).

Der Verfasser des “MGG” -Artikels dagegen, Heinz Becker, der in anderer Hinsicht so entzückend handfest ist, verdunkelt wiederum die Situation, indem er ausführt:

“Die Identität Giovanninis mit dem Grafen von St.Germain, auf die zuerst Gerber (NTL) hinweist, ist sehr wahrscheinlich”,

mit der kuriosen Begründung,

“da Gräfe Giovannini einen geborenen ‘adelichen’ Italiener nennt, und auch St. Germain meist adelige Pseudonyme bevorzugte”,

er zählt deren nicht weniger als vierzehn auf. –
Um den Verwirrungen nicht früher als nötig ein Ende zu machen und einen typischen Geschmack dessen zu vermitteln, was dem Rechercheur in Sachen St. Germain zustoßen kann, will ich Becker auch noch weiter wiedergeben:

Wie gerät der Suchende an diese Quelle? Immerhin über eine Verweisung im Alphabetischen Katalog der Staats- und Universitätsbibliothek, denn die Bibliothek hat ein Notenmanuskript von “Count de Saint-Germain”in ihrem Besitz.
Auf dem dazugehörigen Katalogzettel heißt es:

“The favourite songs in the opera call’d L’Incostanza delusa (Ausz.) (Comp. by Count St. Germain, d.i.Giovan-nini and Guiseppe Fernando Brivio.) London: Waish (1745). 20 S. 4°…”

Auf der Verweisungskarte ist “Saint-Germain, Ct.” allerdings als Pseudonym von Giovannini angegeben.
Erst über den Umweg einer ausländischen Publikation erreicht jemand in diesem Labyrinth sicher sein Ziel: “Grove’s Dictionary of Music and Musicians” ; führt unseren Grafen einmal unter “Giovannini” ; und auch unter “Saint-Germain, Count of“ mit genauer Querverweisung.
”Grove’s” erste Kennzeichnung seiner Person lautet übrigens “Hungarian mystic”! (und beide Musik-Lexika nennen sein genaues Todesdatum. Weiterhin erfährt man, daß die Gleichung Giovannin = Saint-Germain von einem ‘Gerber’ stamme, dessen Ausführungen man auch sogleich in der Musikabteilung der SuUB nachprüfen kann, denn er ist Verfasser eines sehr frühen Fachlexikons. In diesem schreibt er:

‘Giovannini (…) [Klammern und Punkte von Gerber] Spielte auch als vorgeblicher Graf St. Germain eine Rolle, und das besonders zu London, wo er ums J. 1745 nicht nur ein Konzert in der Lady Brown Hause errichtete, sondern auch ein sogenanntes Pasticcio: L’Incostanza delusa, für die dasige große Oper ein¬richtete, worin seine Arien, z. B. Per pietä bell’ idol mio etc. …”

“Grove’s” Autor “A .L. “fährt dann aber fort, die Behauptung Gerbers, Saint-Germains wirklicher Name seiGiovannini – die wie der portugiesische Jude durch Lexika geschleppt wird- scheine völlig unbegründet zu sein (Gerber gibt auch keine Begründung).

Der Verfasser des “MGG” -Artikels dagegen, Heinz Becker, der in anderer Hinsicht so entzückend handfest ist, verdunkelt wiederum die Situation, indem er ausführt:

“Die Identität Giovanninis mit dem Grafen von St.Germain, auf die zuerst Gerber (NTL) hinweist, ist sehr wahrscheinlich”,

mit der kuriosen Begründung,

“da Gräfe Giovannini einen geborenen ‘adelichen’ Italiener nennt, und auch St. Germain meist adelige Pseudonyme bevorzugte”,

er zählt deren nicht weniger als vierzehn auf. –
Um den Verwirrungen nicht früher als nötig ein Ende zu machen und einen typischen Geschmack dessen zu vermitteln, was dem Rechercheur in Sachen St. Germain zustoßen kann, will ich Becker auch noch weiter wiedergeben:

“In den Sign. von Ballard (1697 und 1706) sind fünf Gb.-Lieder eines “Monsieur de Saint Germain” enthalten. Wahrscheinlich ist also noch zwischen diesem und dem Grafen von Saint-Germain zu unterscheiden.”
Dazu der Nachwuchs-Bibliograph: Der Knoten läßt sich wahrscheinlich in diesem Falle leicht lösen, wenn man sich die Jahreszahlen ansieht. Diese Aussage gilt aber nur dann, falls man akzeptiert, daß der Graf von Saint-Germein um das Jahr 1700 herum geboren ist. Hielte man sich hingegen an die Stimmen, die ihm ein sehr viel höheres Alter zugestehen (siehe das Kapitel über die Saint-Germain – Legenden), dann wäre man versucht, die Schlußworte von Fontanes altem Briest zu zitieren –

Liste der von Saint-Germain geführten

oder ihm zugeschriebenen Namen

(hauptsächlich nach I. Tetziaff)

 

  • Abbe Raynal in Frankreich
  • Adanero in Madrid
  • Algarotti in Berlin,
  • Bologna usw.
  • Audar in Rußland
  • Bellamare in Siena und Vendig
  • Belmar in Genua
  • Caldwell in Flandern, London, Wien usw.
  • Catalani ?
  • Chef de Bien in Deutschland
  • Croismar in Deutschland, Rußland usw.
  • D’Adhemar in Paris, Wien
  • Daniel Wolf ?
  • De Castelane ?
  • De Cea ?
  • De la Crois noire ?
  • De la Marche Courmont in Deutschland (Schlesien)
  • D’Eon ?
  • Eques a capito Galeato in Deutschland :
  • Eques a Cygno Triumphante in Florenz, Rom und Deutschland
  • Eymar in Rußland, Deutschland
  • Giovannini London
  • Gua de Maiva in Paris, Wien
  • Guasco in Bordeaux, Italien usw.
  • Gugomos in Baden, Wien, Paris und Italien
  • Goudar in Rußland
  • Graf von Mailand des Deutschen Reiches in Österreich und Deutschland
  • Louis Dutens in Frankreich und ?
  • Martinez Pasqally in Portugal, Bordeaux» Toulouse usw
  • Montferrat in Italien
  • Omar in Piemont und Rußland
  • Pere Hoop in Paris
  • Salem in Berlin
  • Samuel Samer . ?
  • Solar in Malta, Rom usw.
  • Soltikow(ff) in Rußland, Italien, Deutschland
  • Surmont in Belgien und Holland
  • Schöning (Chevalier) in Pisa, Genua
  • Tzarogy in Ansbach-Bayreuth
  • Varner ?
  • Welldon ~ in Preußen, St. Petersburg
  • Welldone in Sachsen
  • Weldone in Schleswig-Holstein
  • Wolf in Londen
  • Zaraski ?

Faktengerüst

Allgemeine Bemerkungen

Was ist wirklich an Saint-Germains Biographie gesichert? In das folgende Datenschema habe ich nur Dinge aufgenommen, die zeitlich fixierbar sind, es fehlen also Handlungen Saint-Germains, die undatiert überliefert sind; soweit sie relevant sind, habe ich sie im Fluß des Textes wiedergegeben. Es fehlen auch Charakteristika, die nicht an Zeitpunkte gebunden sind, wie z. B. spezifische Tätigkeiten und Fähigkeiten, diese sind unter Punkt F. behandelt. Aus dem gleichen Grunde habe ich hier auch nicht die nicht einigermaßen genau dokumentierten Reisen St.-Germains aufgenommen, zumal etliche davon vielleicht ins Gebiet der Legende gehören. Verzichtet habe ich andererseits auf belegbare Einzelheiten, die für diese schematische Darstellung unergiebig sind. Was sollte einem Nichtfachmann die Angabe nützen, der Graf habe im Jahre 1760 von Holland aus einen Kurzbesuch in Altona gemacht? Fast ganz unterdrückt habe ich auch die Erwähnung gesellschaftlicher Aktivitäten und Beziehungen. Man könnte damit mühelos Seiten füllen, aber ich habe in diese Übersicht nur aufgenommen, was für den Zusammenhang wichtig oder im Hinblick auf St.-Germain “personalpolitisch” von Bedeutung ist.
 Die Aufgabe ist schwierig genug. Ich brauche hier nicht zu betonen, daß ich alle Angaben aus zweiter Hand übernehmen mußte, sie also nur auf vermuteter Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit fundieren kann. Es ist ein Vorgang des Ausfilterns nach dem Maße der Plausibilität. Ein großer Teil der Literatur läßt sich letztlich auf ganz wenige Quellenwerke zurückführen, eigentlich ist es nur eine Handvoll (siehe die Einzelerläuterungen in der Bibliographie). Das wenigste, was St.-Germain getan hat, ist aktenkundig geworden. –

Datenschema
Fakten

1696 (28.5.) Geburt in Cluj (Klausenburg); Eltern: Franz II. Rakoczy , Fürst
von Siebenbürgen (Transsylvanien) ; Amalie Charlotte von Hessen-Rheinfels [lt. Wikipedia: Charlotte Amalie von Hessen-Wanfried (red.)]

Vornamen: Leopold Georg
 oder

1700 in Bayonne. 
Eltern: Marie-Anne von Pfalz-Neuburg; 
Juan-Thomas Enrique de Cabret Herzog von Rioseco, Graf von  Melgar, Almirant von Kastilie

1743 London, erstes Erscheinen in der Öffentlichkeit, (erstes Dokument aus dem Jahre 1745); u.a. mit Prinzen von Wales bekannt; für kurze Zeit in
bis seiner Wohnung als “Jakobit” (oder auch angeblicher Spion) arretiert; Bekanntwerden als Violonvirtuose und Komponist,

1746 nach Deutschland, von wo er, nach eigenen Worten, auch
hergekommen (selten genauer lokalisiert); seit ca. 1740 lasse er dort auf
einer “domaine” Leute für sich an Farbherstellung arbeiten;

(1755) Reise nach Indien mit Oberst Clive (nach Graf Lamberg, daher
fraglich). (s. Bibliographie).

1758 Paris, dann königl. Schloß Chambord / Loire, nach Empfehlungsbrief an Marquis de Marigny, Bruder Mme. Pompadours;
 bei Hofe eingeführt; in Ch. Laboratoriumsarbeiten (offiziell mit Farben);
 bis Ende desselben Jahres wieder eingestellt wegen Schwierigkeiten des 
Transports von Materialien aus Deutschland; Teilnahme an “petits
soupers du roi”, dort Erzählungen von Reisen nach Rußland, Türkei,
Asien, Afrika.

1760 im geheimen Auftrag von Marschall de Belle-Isle (Kriegsminister) / Mme. Pompadour / Ludwig XV. in Holland zwecks 
1.Aufnahme eines Kredits für den König von Frankreich (vielleicht nur
 Tarnung);
 2. Friedensunterhandlungen mit England über den Botschafter Yorke,
 (im Ansatz auch mit Preußen); Scheitern
a) weil er für Engländer nicht ausreichend autorisiert; 
b) da er vermutlich aus Eitelkeit zuviel in der “Öffentlichkeit
ausplaudert; 
c) da Außenminister hinter das Komplott gegen seine offizielle Politik
kommt und St.-Germain verhaften lassen will; vom König
fallengelassen; mit Hilfe hol. Regierungsmitglieder Flucht nach England,
 dort als unerwünschte Person wieder abgeschoben; 
Version a): Berührungsängste der offiziellen Stellen, 
b): St.-Germain = angeblicher Spion Choiseuls (!);
 heimlich wieder zurück nach Holland, dort unter Schutz des Grafen 
Bentinck van Roon (Bevollmächtigter des Rates der Generalstaaten).

1760 Erwerb von Schloß und Gut Ubbergen in Gelderland (als M. de Surmont); Laboratoriumsarbeiten; Besuch seines Freundes, des Malers Pierre Rotari, in Rußland, wieder zurück nach Ubbergen.

1763 Minister Choiseul entlassen, Ende der Verfolgung; nach Tournai in österr. Niederlanden; Verbindung mit kaiserlichem Botschafter Cobenzl; zunächst mit dessen Wohlwollen Beteiligung an Gründung einer Fabrik (Tuchfärberei); nach Miteinbeziehung von Minister Kaunitz wird er schließlich von Habsburg ausgebootet.

1764 Reisen und Aufenthalte in Italien. Mantua?, Genua?, gesehen von Graf Lamberg in Venedig “au milieu de cent femmes”, die für ihn Linnen
bleichen;

1767 in Sienna (nach Mme. de Genlis).

1774 beim Markgrafen von Ansbach in Schwalbach bis und Triesdorf / Mittelfranken.

1776 in Sachsen; offizieller Antrag des Grafen Marcolini, seine “Geheimnisse” gegen Belohnung mit wichtigem Posten dem Dresdner Hof zur Verfügung zu stellen; lehnt ab, da er es nicht nötig habe, sich in Dienst zu begeben. Interesse verschiedener Fürstenhöfe an ihm, auch seitens Friedrich II. von Preußen, aber “uniquement par curiosite”; er schickt Friedrich eine Liste seiner Fertigkeiten (s. Folgeseiten), erhält keine Einladung, sei aber “libre de venir á Potsdam”; St.-Germain verzichtet.

1777 auf Einladung Friedrich Augusts von Braunschweig und mit Zustimmung Friedrichs II. in Berlin; Verkehr in dortiger Gesellschaft; sicher: Besuch bei Prinzessin Amalie, Schwester Friedrichs (nach einigen Autoren auch Empfang bei diesem selbst).

1778 Altona (damals Hauptstadt des dänischen Holstein); Aufnahme von 
Kontakten mit Landgrafen Karl von Hessen-Kassel, dem Statthalter des Dänenkönigs.

1779 nach Schloß Gottorf / Schleswig, dessen Residenz; Karl wird sein Freund und Schüler; alchimist. / chem. Arbeiten im “Freimaurerturm des Sommersitzes Louisenlund an der Schlei; Herstellung des “Carls-Metalls”, einer Legierung, die noch jetzt in der Eisenhütte zu Rendsburg-Büdelsdorf verarbeitet wird; gibt viele Hinweise zur Herstellung von Pharmazeutika; u. a. für den heute noch gemischten “Saint-Germain-Tee“.

1781 Übernahme der ehemals Otteschen Fabrik in Eckernförde; wieder Versuche mit Färben von Stoffen;

1784 (27.2.)Tod in Eckernförde; in der dortigen St.- Nicolai-Kirche beigesetzt.

Kommentar:

Wie man sieht, handelt es sich hier über weite Strecken hin beinahe um zwei verschiedene Lebensläufe, die sich nur gelegentlich kreuzen. Ins Auge fällt vor allem, daß bei Frau [Irene] Tetzlaff die Leere, die bei den anderen Darstellungen mehr als die erste Hälfte der Vita von Saint-Germain beherrscht, quasi aufgefüllt ist. Bei den “orthodoxen” Biographen, wie ich sie hier einmal nennen will, ist ja vor allem dies auffallend eigentümlich, daß der Graf erst als nahezu Fünfzigjähriger überhaupt in die Welt tritt!
 Aber auch sonst gibt es zahlreiche Punkte, die entweder ganz neu sind oder nicht übereinstimmen. Ich erwähne nur das Faktum, daß Saint-Germein nach der “Zeittafel” schon 1730 ein erstes Mal in Chambord gewesen sein soll. -
Ganz abgesehen von diesen Unstimmigkeiten ist aber ohnehin der jetzige objektive Wissensstand – soweit man davon reden kann – noch keinesfalls für das allgemeine Publikum gesichert, wie an Katalogen, Nachschlagewerken und Anmerkungen zur Person Saint-Germains in belletristischer Literatur zu ersehen ist. –

Schriften und Werke Saint-Germains

1. Schriften:

(Genauere technische Angaben in der Bibliographie)
 Fast alles, was bekannt ist, sind nur Zuschreibungen.
a) Abhandlung über Pfingsten? I. Tetzlaff spricht davon, ohne die Angabe näher zu spezifizieren.

b) La Magie Sainte révélée á Moyse;
ein Manuskript aus der ersten Hälfte des 18. Jh., es handelt sich um ein Ritual zeremonieller Magie. Für die angebliche Autorschaft Saint Germains hat Maurice Heim nur ein Wort: “Passons. ”

c) “Musigue raisonée, selon le bon sens, aux dames anglaises qui aiment le vrai goût en cet art”; laut Chacornac ein didaktisches Werk; nicht publiziert (Manuskript seinerzeit wahrscheinlich in der Bibliothek des Fürsten Ferdinand Lobkowitz auf Schloß Raudnitz in Böhmen); der Eintragung in “MGG” nach handelt es sich jedoch um eine Partitur;

d) “La très Sainte Trinosophie” oder auch nur: “La Trinosophie”; freimaurerische Schrift, dem Saint-Germain zugeschrieben; ist angeblich 1798 von den Soldaten Massenas bei der Erstürmung der Engelsburg in Rom im Kerker des zu der Zeit schon erwürgten Cagliostro gefunden worden, der sich als einen Schüler Saint-Germains bezeichnet haben soll. Keine der Angaben war von mir zu verifizieren, da die zwei ermittelten Ausgaben der Schrift (s. Bibliographie) nicht in meine Hände gelangt sind.

e) Frans Wittemans schreibt in seiner “Histoire des Rose-Croix”, “de Saint Germain” (wie er ihn stets nennt) a laissé un ouvrage sur le symbolisme des nombres”; handelt es sich hier um “Le véritable oracle du destin, suivi de consultations particulières etablies d’apres la science des te nombres, par le C de Saint-Germain… “? (laut Eintragung im Druckkatalog der Bibliotheque Nationale, Bd. 160, 712; die davorstehende Verfasserangabe “Saint-Germain, Comte de” ist allerdings ausdrücklich als Pseudonym vermerkt;

f) Sonnet sur la Céeation; ziemlich unbestritten Saint-Germain. Zugeschrieben, in der Sammlung „Poèmes philosophiques sur l’homme“ herausgegeben von Mercier; (Wortlaut s. Kap. Ï G 2 Weltanschauung).

g) Briefe: vorliegend sind nur Einzelstücke, zum Teil in Biographien abgedruckt, (vor allem: G. B. Volz undIsabelle Cooper Oakley), auch faksimiliert; die einzige größere Sammlung, die ich erwähnt fand, soll im Besitz des Grafen Lamberg gewesen sein(?), ist aber, wie erwähnt, wahrscheinlich verloren.

2. Musikalische Werke:
Es hätte meine Absichten und Fähigkeiten überschritten, diesen nachzuspüren; in der Bibliographie liefere ich eine Kopie des entsprechenden Teiles der “Giovannini” – Eintragung in “MGG”; besser findet man diese Werke wahrscheinlich kaum irgendwo zusammengetragen;

3. Gemälde:
Ich bin auf keine einzige Angabe eines Standortes gestoßen. Waren sie vielleicht von Napoleon III. zusammengetragen worden und sind beim Brand des Pariser Rathauses vernichtet worden? (cf. Kap. IV E 1) Oder in welcher “Krypta” sind sie verborgen? Kunsthistorisch bekannt ist nur, daß sie in der Art Latours und Vanloos gemalt waren.

Talente, Reisen, Künste

Der Natur der Sache nach sind die Grenzen zur Legende hier fließend; und es ist im vorliegenden Zusammenhang wenig sinnvoll, für jeden Einzelzug Zitate anzugeben. Hier kommt es nur darauf an, die Palette der Möglichkeiten Saint-Germains darzubieten.
Sprachkenntnisse: (alphab.): deutsch, englisch, französisch, italienisch, portugiesisch, spanisch; nach einigen auch: arabisch, altgriechisch, chinesisch, Latein, Sanskrit, u. a. m.

Reisen (dokumentiert): Mittel-, West- und Südeuropa, Rußland; ferner: Kleinasien (Türkei), Malta, Ägypten, Indien, China, (laut Ceria / Ethuin sogar Tibet), Mexiko.

Er trat “wechselnd als Chemiker, Physiker, Mechaniker, Arzt, Musiker und Schriftsteller in Erscheinung”. Herausragend und allerorten dokumentiert waren seine Fähigkeiten auf dem Gebiete der Chemie (siehe auch die von ihm an Friedrich II gesandte Liste). Seine Spezialität waren die Mineralien. Neben der Farbgewinnung befaßte er sich vor allem mit der chemischen Veränderung von Steinen. Sein Hauptruhm (und angeblich seine unversiegliche Erwerbsquelle) bestand in der Kunst, Diamanten zu”waschen”; i. e. zu veredeln. Er selbst sprach sogar von eigener Herstellung und führte ständig eine Kollektion von kristallinen Kostbarkeiten mit sich herum, welche die große Welt in Staunen setzten. An Fälschungen und Vorspiegelungen ist bei der Fülle der Zeugnisse nicht zu glauben. Seine Produkte oder Besitztümer sind auch niemals von Kennern beanstandet worden, und es gab genügend Neider, die ihm den Nachweis des Betrugs gegönnt hätten. Heute nimmt man an, Saint-Germain habe damals schon auf irgendeine Weise zu dem Geheimnis der Synthese künstlicher Diamanten Zugang gefunden. Er sprach auch von seiner Fähigkeit, Perlen zu vergrößern. Seine chemischen Interessen waren vielfältig und gingen bis ins Spielerische hinein. So erzählt Mme. de Geniis von ihm, er hätte für sie “des bonbons excellents en forme de fruits” gemacht.
Bis heute hergestellt wird das sogenannte ”Carls-Metall”, eine Legierung, deren Zusammensetzung ich nicht genau ermitteln konnte
 Auch als Kunstmaler hätte er vor allem den Kniff gekannt, Stoffe und Edelsteine täuschend echt und in leuchtendsten Farben zu malen. Auch dieses vielbestaunte Geheimnis hätten seine Malerkollegen ihm nicht entreißen können. -
Der Vorwurf des Alchimistentums – in Kombination mit “Betrügerei” der Vorwurf schlechthin, den man Saint-Germain gemacht hat und noch heute macht, – scheint nach neuesten Erkenntnistendenzen völlig ins Leere zu greifen. Man rückt die Alchemie sogar in die Nähe der Kernphysik. Und dies angenommen, wird der Versuch der Erschaffung des Steines der Weisen zu etwas ganz anderem als makaber-müßiger Verbohrtheit. (über die philosophischen Implikationen an anderer Stelle).
 Sogar die Ergründung des” Lebenselixiers” gewinnt in dieser Betrachtungsweise eine ganz andere Dimension. Einer neueren Theorie zufolge sei der Prozeß des Alterns gleichbedeutend mit einer Anreicherung der Gewebe mit in der Chemie so genanntem “schweren Wasser”. Das Lebensexlisier wäre demnach nichts (!) als eine Flüssigkeit, mit deren Hilfe man die Gewebe spülen und auswaschen und damit verjüngen könne.
Ob Saint-Germain in dieser Richtung Versuche angestellt hat, könnte allenfalls Gegenstand der Spekulation sein; daß er sich aber in dem neu entdeckten Sinne mit Alchemie befaßt hat, dürfte bei seiner Geistesart nicht ganz unwahrscheinlich sein.
 Sein ureigenes “Lebenselixier” bestand jedoch vor allem in seinem selbst hergestellten Tee, einer Abführmischung mit Sennesblättern als Hauptbestandteil; denn er war der nicht zu bestreitenden und weisen Ansicht, Voraussetzungen für “Verjüngung” des Menschen und langes Leben seien Reinheit und regelmäßige Reinigung des Körpers. Wenn Wundergläubige, diese Zusammenhänge nicht begreifend, aus seiner Kur ein Rapidverfahren machen wollten, war das nicht seine Schuld. –

Auf dem Gebiet der Pharmakopie und Diätetik hat er vieles erarbeitet und angeregt, ohne daß ich jedoch – von dem Tee seines Namens abgesehen – konkrete Hinweise auf noch vorhandene Spuren gefunden hatte. Eine Erklärung ist zur Hand:
 Saint-Germains fachliches Vermächtnis ist seinerzeit durch Karl von Hessen-Kassel in Besitz und Obhut des Dr. Lossau in Schleswig übergegangen, eines Arztes und Apothekers, der das Vertrauen des Prinzen besaß. – Das mechanistische Eifern gegen die Naturheilkunde ist offenbar keine Errungenschaft unserer Zeit. Karl sagt darüber:

“Er (Saint Germain) kannte die Kräuter und Pflanzen aus dem Grunde und hatte Arzneien erfunden, deren er sich ständig bediente, und welche sein Leben und seine Gesundheit verlängerten (!)”

Er, Karl, hätte auch noch alle seine Rezepte,

“aber nach seinem Tode eiferten die Ärzte sehr heftig gegen seine Wissenschaft”,

und nachdem auch Dr. Lossau gestorben war, wurde er

“der Äußerungen müde, die ich von allen Seiten zu hören bekam, nahm alle meine Rezepte zurück und ersetzte Lossau nicht wieder. “Staunenerregend waren seine DetaiIkenntnisse auf dem Gebiet der Historie. Mit ihnen besonders brillierte er in der Gesellschaft, und sie waren es, die zu den meisten Mißverständnissen und Gerüchten Anlaß gaben. Seine Gegner fanden hier die beste Handhabe, zumal er Geschichtsereignisse sehr gern personalisierte.

 

Varia

Saint Germain war außerdem Sammler von Gemälden (Murillo, Velasquez), Schiffseigner (als Angehöriger einer Londoner Kompagnie Mitbesitzer des “Ackermann”, eines Handelsschiffes, das 1759 von französischen Korsaren gekapert wurde); er befaßte sich auch mit theoretischen Fragen und sah beispielsweise eine europäische Wirtschaftsunion voraus (in einem Brief an Friedrich von Preußen).

Zugehörigkeit zu Gesellschaften

Nicht entscheiden kann ich für meine Person die Frage, inwieweit der Graf von Saint-Germain Freimaurerund / oder Rosenkreuzer war, mir fehlt es auf diesem Gebiet an Einblick. Die Schwierigkeiten beginnen schon bei dem Versuch, die beiden Bewegungen im 18. Jahrhundert auseinanderzuhalten. So gewiß wie sie auch damals nicht identisch waren, so sicher ist, daß sie zu dieser Zeit teilweise durchdrangen, und daß bei manchen Funktionen in beiden Gruppierungen Personalunion herrschte. Es gab die Bestrebung, die Freimaurerei in das Rosenkreuzertum überzuführen oder umgekehrt. Das Freimaurertum sollte durch das Rosenkreuzertum durchdrungen und spiritualisiert werden, oder aber man wollte im Rosenkreuzertum die esoterische Weiterentwicklung der exoterischen Freimaurerei sehen. Angeschnitten ist hiermit die Frage der Geheimbündelei. Sie ist, was die Freimaurer betrifft, für diese Epoche relativ leicht zu entscheiden. Eine Vereinigung, der in Frankreich zeitweilig kaum jemand nicht angehörte, der in Politik oder Literatur eine Rolle spielte, sofern er nicht strenger Katholik war, kann man kaum als geheim bezeichnen; im übrigen gab es die spöttische Meinung, der Freimaurerbund wäre derart mit Jesuiten durchsetzt, daß man im Grunde bei ihm von einer orthodoxen katholischen Organisation sprechen könnte. – In dem Sinne aber, daß Mitglieder einer Organisation gehalten sind, nicht über deren interne Belange in der Öffentlichkeit zu sprechen, ist heute jeder mittelständische Betrieb eine Geheimgesellschaft. Ich will diese Frage hier aber nicht herunterspielen. Im Internationalen Freimaurer-Lexikon von Lennhoff / Posner jedenfalls wird Saint-Germains Zugehörigkeit bestritten. Andere Autoren wiederum bauen ihr Darstellungsgebäude geradezu auf einer starken Position Saint-Germains innerhalb der Freimaurerei auf. Von Karl von Hessen-Kassel ist es sicher, daß er hohe Funktionärsposten innehatte – er war “Provinzial-Großmeister der beiden deutschen Provinzen und der Provinz Italien. ” Sehr merkwürdig ist jedoch, daß Karl zu dem großen Freimaurer-Kongreß 1782 in Wilhelmsbad ohne den Grafen reist, der auf diesem Kongreß, wenngleich unter dem Pseudonym “Guggomoos”»eine gewaltige Rolle als Einiger aller verwandten Bünde gespielt haben soll! Jedenfalls schreibt er kein Wort davon. Eine taktische Auslassung? 
Beziehungen liegen natürlich nahe. Die Fama will andererseits, daß “Saint-Germain” am “Allgemeinen Ordensconvent” der Philalethen, einer französischen Nebenorganisation, “vornehmlich” der Vertreter der Franzosen gewesen sei. Allerdings fand dieser Kongreß erst im Jahre 1785 statt! – Die Angabe stammt auch von E. E. Eckert, der in allem freimaurerische Umtriebe sah. Dies nur als (vielleicht?) absurdes Beispiel. Was für ein Saint-Germain nahm an diesem Kongreß teil? Man gab sich in esoterisch-okkulten Kreisen zuweilen seinen Namen, um für echt und gewichtig gehalten zu werden. -
Sieht man die Freimaurerschaft als humanitäre Vereinigung an, was sie zumindest immer auch war, so besteht dennoch kein Grund, eine Zugehörigkeit Saint-Germains, ohne Intrigantentum und Machtstreben, zu bestreiten. Es gab auch einige Hinweise, daß Saint-Germain gerade in Hamburger Logen aktiv gewesen sei (daher seine Reisen hierher); ich hatte aber keine Gelegenheit, mir darüber Gewißheit einzuholen. Die Widersprüche – ob Freimaurer oder nicht – könnte man jedoch auch auf andere Weise erklären. Gerade bei im weitesten Sinne politischer Tätigkeit eines Ordens läßt sich eine Geheimhaltung der Hierarchie nicht vermeiden; des¬gleichen kann es opportun erscheinen, daß darauf geachtet wird, eine Zugehörigkeit nicht publik zu machen. Die verschiedenen, einander widersprechenden Angaben, können also ganz simpel auf einem unterschiedlichen Niveau der Einweihung bestehen. 
Das Problem könnte mit einem Schlage gelöst werden, wenn sicher wäre, daß die Autorschaft an der freimaurerischen Schrift ‘La Très Sainte Trinosophie’ Saint-Germain zugeschrieben werden kann.
 Auf ähnliche Weise muß man an die Frage herangehen, ob der Graf von Saint-Germain Rosenkreuzer gewesen sei. Hier bedarf es der Definition. Franz Hartmann, selbst Rosenkreuzer, Freimaurer, Templer und Theosoph, unterscheidet drei Arten dessen, was, je nach Standpunkt, als “Rosenkreuzer” bezeichnet werden kann:

a) R. als Menschen, die nach göttlicher Weisheit streben und sich bemühen, von innerem Licht er- füllt zu werden. Ein Rosenkreuzertum dieser (echten) Art sei an keine Gruppierung gebunden und von jedem zu erreichen. Den Grafen von Saint-Germain kann man hier mit einbeziehen.

b) den im 17. Jahrhundert existierenden Orden der R., der auf den Mythos eines “Christian Rosenkreuz”zurückgeht. -
Er war in dieser Form im 18. Jahrhundert erloschen.

c) die danach entstandenen Vereinigungen, die sich zum Teil auf den alten Orden berufen und von der unter a) referierten Grundidee ausgehen; für die meisten ihrer Anhänger war oder ist Rosenkreuzertum identisch mit einer Mitgliedschaft bei ihnen. – Sie bestehen bis in unsere Tage hinein; in Deutschland gibt es zur Zeit deren zwei.
 Ob Saint-Germain einer von ihnen oder einer damals eventuell bestehenden großen umfassenden Organisation angehörte, ist der entscheidende Punkt. Hier spielt offenbar noch mehr als bei den Freimaurern der Grad der Eingeweihtheit – oder oft einfach nur der Kenntnisstand – der Autoren eine Rolle. Auch ist nicht immer zu unterscheiden, ob ein Schriftsteller jeweils von St. -G. als Rosenkreuzer im allgemein-spirituellen Sinne spricht oder von ihm als Mitglied einer Vereinigung. 
Für Pierre Ceria undFrancois Ethuin ist die Sachlage ganz eindeutig: Saint-Germains Reichtum sei nicht privater Natur gewesen, sondern der der Rosenkreuzer, ihm zur Erfüllung seiner Aufgabe – der geistigen Läuterung Europas auf dem Wege über die Fürsten – mit auf den Weg gegeben. Daher erkläre die Französische Revolution auch die “Armut”, in der er nach Schleswig gekommen sei (nach Mme. de Genlis “sans suite et sans éclat”): ‘ die Revolution hätte das Scheitern der Bemühungen
bedeutet, Europa über seine Häupter zu reformieren; damit sei der Grund entfallen, Saint-Germain mit größeren Hilfsmitteln auszustatten. Noch lapidarer verfährt Frans Wittemans in seiner “Histoire des Roise-Croix”. Er widmet dort Saint-Germain ein ganzes Kapitel und erklärt ihn kurzerhand zum “chef des Roise-Croix francais”. Wie ich selbst mündlich erfahren habe, soll sogar die Art seines Begräbnisses ein Indiz für seine Zugehörigkeit zu den Rosenkreuzern sein. Der Vermerk “still beigesetzt”, der sich über ihn im Kirchenbuch findet, soll nach diesem Hinweis darauf hindeuten, daß er Angehöriger höherer rosenkreuze-rischer Grade gewesen sei. Die Zusammenhänge konnte ich hier nur sehr verkürzt wiedergeben Sie sind naturgemäß auch noch weniger zu durchschauen als üblicherweise historische Vorgänge überhaupt und werden erst im Lauf der Zeit erforscht werden können, da das Interesse nicht-sensationalistischer Art an ihnen noch ziemlich jung ist.

Wesen und Weltanschauung Saint-Germains

Wesen und Charakterzüge

Ich bin mir bewußt, daß die Einreihung dieser Punkte unter die Rubrik “Tatsachen” waghalsig ist. Die Skizzierung der Hauptlinien glaube ich jedoch verantworten zu können.
 Die Mär vom Strizzi und Schwindler Saint-Germain entspringt sicherlich der Mißgunst lebender Gegner wie die vom bösen Magier der Sensationslust späterer Skribenten. Wenn er auch vielleicht nicht die große Lichtgestalt war, so sicherlich nicht der Bösewicht, der dämonische Schauer um sich verbreitete. Die wenigen, die ihn wirklich erlebt und auch zur Feder gegriffen haben, zeichnen ein eher nüchternes und erfreuliches Bild, mit Ausnahme einer Charakterschwäche, die offenbar sehr bezeichnend für ihn gewesen ist, da sie nicht nur von einem berichtet wird. Ich will sie vorwegnehmen.
 Die Rede ist von seiner EingebiIdetheit, ein Zug, von dem ich meine, man kann ihn auch seinen Porträts entnehmen. Der Graf war, so scheint es, häufig etwas pikiert. Bei Fragen seiner Herkunft ist das begreiflich. Der Zwang, sie jahrzehntelang zu unterdrücken, mag im Laufe der Zeit zu einem Legitimierungszwang geführt haben, der von fern an die ‘underdogs’ auf unseren Straßen erinnert, die dem zufällig vorbeikommenden Passanten anhand ihres Personalausweises ihre Identität zu beweisen versuchen. Verstärkt worden mag dieser Hang sein dadurch, daß er auch später nicht expressis verbis jedem gegenüber seine Abstammung offenbaren mochte oder konnte, zum Teil aus diplomatischen Gründen. 
Saint-Germains Pochen auf seinem Rang scheint sich aber nicht nur auf Stand und Familie beschränkt zu haben. Der Baron von Gleichen, dänischer Botschafter in Paris und ein Anhänger des Grafen, dem er “avec l’assiduité la plus soumise” sechs Monate lang folgte, nennt ihn gleichwohl “impertinent” und erzählt folgende Geschichte:

“II jeta son chapeau et son épée sur le lit de la maîtresse du logis, se placa dans un fauteuil près du feu et interrompit la conversation e’n disant á l’homme qui parlait: ‘Vous ne savez ce que vous dites, il n’y a que moi qui puisse parier sur cette matière, que j’ai épuisée tout comme la musique que j’ai abandonnée, ne pouvant plus aller au delà. “

Einlenkend muß ich als Gegenstimme sogleich den Landgrafen von Hessen-Kassel zitieren, den einzigen Gefährten seiner späten Tage. Er rühmt seine Uneigennützigkeit und schreibt,

“sein Herz beschäftigte sich nur mit dem Glück Anderer”.

Das ist zwar nicht direkt ein Widerspruch, aber selbst wenn man einen Prozeß der Persönlichkeitsreifung in Anschlag bringt: entwickelt man sich von einem Ausbund an Unverschämtheit zu einem Muster von Demut?
 Es hat den Anschein, als ob des Grafen Bescheidenheit wuchs mit der abnehmenden Zahl seiner Zuhörer. In Gesellschaft war er ein gewaltiger Parleur. Selbst Casanova gibt zu, es sei schwierig gewesen, besser zu reden als Saint-Germain. Bei einem solchen Konkurrenten wahrlich ein Eingeständnis! – Beweis sind auch seine oft bezeugten imaginierten Szenen aus der Geschichte, aus denen zum Teil die Legende seiner Langlebigkeit erwuchs, da viele seiner Zuhörer seiner Eloquenz zum Opfer fielen, indem sie diese Szenen für wahr hielten.

Madame Genlis hingegen, die dem Grafen unter vier Augen begegnete, nennt ihn

“grave et morale dans son maintien et dans ses discours”.

 

 

Weltanschauung

War Saint-Germain ein “Materialist”?  Ich komme zu dieser Frage, da nicht nur Warnstedt in der oben zitierten Briefstelle ihn so nennt, sondern auch Karl, der ihm im Gegensatz zu Warnstedt wohl gesonnen war. Sie meinen beide zwar nicht den kruden alltäglichen, sondern den philosophischen Materialismus, und doch ist es so, daß alle zwei Saint-Germain nicht begriffen haben. Der Graf Warnstedt offensichtlich aus purem Unverstand, Karl wegen einer orthodoxen christlichen Haltung. 
Der Baron von Gleichen sagte von St.-Germain,

“sa Philosophie était celle de Lucèce”,

und damit kommen wir dem Kern schon näher, besonders dann, wenn es bei Gleichen weiter heißt,

“il parlait avec un emphase mystérieuse des profondeurs de la nature”.

Dem “Materialismus” Saint-Germains begegnen wir auch bei Balzac aber dort wird vehement dargelegt, was darunter zu verstehen ist: ein unaufhörliches Drängen aller natürlichen Dinge nach Bewegung, ein permanenter Kraftstrom und Energiefluß, der die Materie zur Entwicklung treibt. Hier können wir den Bogen zu Lukrez schlagen, und Gleichens Äußerung wird verständlich. Der Materialismus der Antike war metaphysisch, eine Lehre, “welche alle Materie von Haus aus als belebt (beseelt) betrachtet…
Noch darüber hinaus ginge Saint-Germain selbst, wenn wir für dieses Mal der Überlieferung trauen dürfen, und es wirklich so wäre, daß das in der Sammlung “Poémes philosophiques sur l’Homme” von Mercier ‘erschienene “Sonnet philosophique”, das man ihm zuschreibt, wirklich von ihm stammte:

“Curieux scrutateur de la nature entiére, J’ai connu du grand tout le principe et la fin. J’ai vu Tor en puissance au fond de sa miniere, J’ai saisi sa matière et surpris son levain.
J’expliquai par quel art l’ame aux flancs d’une mère, Fait sa maison, 1′empörte, et comment un pépin Mis contre un grain de blé, sous l’humide poussière; L’un plante et l’autre cep, sont le pain et le vin.
Rien n´ était, Dieu voulut, rien devint quelque chose, J’en doutais, je cherchai sur quoi l’univers pose, Rien gardait l’èquilibre et servait de soutien.
Enfin, avec le poids de l’éloge et du blâme,
Je pesai l’éternel, il appella mon âme,
Je mourus, j’adorai, je ne savais plus rien. ”

 

Gründe von Mängeln und Ungenauigkeiten

in der biographischen Darstellung

Die Gründe für so viele Leerstellen in der Vita des Grafen von Saint-Germain sind zahlreich, ebenso die für Fehler und Unscharfen in der Darbietung.

Übergreifen der Fachgebiete

Zu den Gründen, die auf der Autorenseite liegen, gehört in erster Linie das Überlappen der Fachgebiete. Ich bin weiter oben schon darauf eingegangen und brauche hier nur zu bekräftigen. Die Spannweite der betroffenen Gebiete reicht von der Spionage zur Alchemie, von der Wirtschaftsgeschichte zur Musik oder auch zur Diätetik. Kein Wunder, daß viele Sachwalter bestimmter Fächer sich inkompetent fühlen mochten für Seiten der gräflichen Existenz, die außerhalb ihrer Grenzen lagen und deshalb von einer Darstellung Abstand nahmen oder nehmen. Hier werden in doppeltem Sinne die Fakultäten überschritten.

Für Fachhistoriker zumindest spielt sicherlich auch eine Rolle, daß der Graf von Saint-Germain keine geschichtliche Figur war in dem Sinne, daß er politische oder kulturelle Entwicklungen offen geprägt oder beeinflußt hatte. Kaum ein Opus, keine Nachwirkung auf Schüler, keine markante Untat, nur ein fast zustande gekommener Vertrag und beinahe reüssierte Fabrikunternehmen. Es ist auch aus diesem Grund kein Wunder, wenn er in historischer Darstellung überwiegend in solchen Werken auftaucht, welche in bunter Folge die Absonderlichkeiten und Kuriositäten der Weltgeschichte in sich versammeln. Deren Titel allein sprechen schon für sich: “Abenteuerliche Gesellen” (Georg Hesekiel), Remarkable adventurers and unveiled mysteries” (Lascelles Wraxall) oder “Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen” (Friedrich Bülau). Dort erscheint Saint-Germain dann in einer Reihe mit Struensee, Kaspar Hauser, dem “Mann mit der eisernen Maske” oder gar dem König Ferdinand VI. von Spanien, der sich auf den Bettpfosten setzte, um die von ihm selbst absichtlich herbeigeführte Diarrhöe am Abfluß zu hindern und sich dadurch zu vergiften oder zum Platzen zu bringen. Eine solche unverschuldete Nachbarschaft ist natürlich nicht ohne Einfluß auf die Beurteilung geblieben. Gleichermaßen abschreckend ist für viele sicherlich die häufige Okkupation des Grafen durch Okkultisten gewesen. –

Schwierigkeiten der Fixierung auf Sprache und Länder

Zu den Hindernissen gehört auch – und hier bewegen wir uns schon auf die Seite der behandelten Figur hin – deren permanentes Überschreiten von Sprach- und Ländergrenzen. Nationales Interesse entfällt fast völlig, denn welches Volk könnte den Grafen von Saint-Germain ohne starke Einschränkungen als Angehörigen für sich in Anspruch nehmen? Franzosen, Holländer und Engländer nicht, auch wenn er in deren Geschichte notorischer wurde als bei anderen. Italiener kaum, selbst wenn er von dem letzten Mediciaufgezogen worden sein sollte und sich zu verschiedenen Malen in Italien aufgehalten hat; dort auch versucht hätte, eine Industrie zu begründen – für eine nationale Inanspruchnahme ist das zu wenig. In noch stärkerem Maße gilt das für Ungarn oder Spanier, je nachdem, welche Herkunftstheorie man sich zu Eigen machen würde. Es gehörte schon ein etwas weit hergeholter Chauvinismus dazu, aus dem Adeligen von Saint-Germain im Ganzen einen siebenbürgischen Märtyrer zu machen. 
Blieben die Deutschen. Beide Abstammungshypothesen würden ihm die Hälfte der Blutzufuhr aus unserem Lande zugestehen. Es sieht bisher nicht so aus, als wollte man aus diesem Grunde historische Ansprüche auf seine Gestalt geltend machen. Zu befragen blieben unter Umständen die Nachkommen der Familien Pfalz-Neuburg oder Hessen-Rheinfels (wieder je nachdem).

Läßt man die “Ländereien” außer acht, die Saint-Germain angeblich in Deutschland besessen haben soll, die aber bisher niemand genau lokalisiert hat, streicht man die sächsischen und preußischen Episoden als unerheblich und sehr wenig deutsch-national gefärbt, übergeht man den Kongreß in Wilhelmsbad als fragwürdig, so könnten ihn in der öffentlichen Geschichte nur Schleswig – Eckernförde – Rendsburg für sich reklamieren. Denkt man an den Besuch Indira Gandhis, könnte man fragen: sollte den Schleswig-Holsteinern in dem Grafen von Saint-Germain ein Regionalheros erwachsen wollen? Genügend konservativ gesinnt war er.
 Verbunden mit dem Nationalproblem ist das der Sprache; allerdings ist es hier verschoben, fast umgekehrt. Wenn wir annehmen, daß die Muttersprache Saint Germains – im genauen Sinne des Wortes- deutsch war, so ist das ein Wissen ohne Folgen. An Schriftlichem hat er ohnehin so gut wie nichts hinterlassen, in deutscher Sprache keinesfalls irgendetwas. Er hat als Angehöriger der Oberschicht mit Sicherheit überwiegend französisch gesprochen; der Gebrauch eines familiären Idioms mußte schon deshalb unterbleiben, weil es ihm an Familie und anderem vertrauten Anhang fehlte. Die Quellen und Zeugnisse sind fast alle in französischer Sprache verfaßt*, auch Lamberg, Gleichen und Karl von Hessen-Kassel schrieben französisch. Nun darf man zwar auch heute noch annehmen, daß ein historisch interessierter Wissenschaftler diese Sprache lesen kann, doch ist, außer bei Spezialisten, die Hemmschwelle sicherlich hoch, wenn die überwiegende Mehrzahl der Darstellungen in ihr abgefaßt ist. über das Englische brauchen wir nicht zu reden, doch England bildete nur eine Nebenörtlichkeit im Dasein des Grafen, von seinen musikalischen Erfolgen dort einmal abgesehen; aber in seiner Virtuosenzeit wiederum war er gesellschaftlich noch ein unbeschriebenes Blatt, noch nicht die Gestalt, um die sich die Gerüchte rankten.
Es blieben als betroffene Gebiete, in denen man sich für ihn interessieren könnte, die anderen Länder übrig, die er bereist hat oder haben soll. Die exotischen kann man von vornherein ausschließen für unseren Gedankengang. Selbst wenn er in Mexico oder Indien gewesen sein sollte, wird sich davon kein Niederschlag finden lassen. In Europa ist es etwas anderes. Holland als Domizil und Tätigkeitsbereich des Grafen in verschiedenen Jahren hat relativ viel Literatur über ihn aufzuweisen, die mit ein wenig Mühe auch von nicht ganz des Niederländischen mächtigen germanischsprachigen Interessierten verstanden werden kann. Bei Italien ist es schon schwieriger, bei anderen in Frage kommenden Ländern oder Gegenden (Spanien? Portugal? Rußland? Malta?) ist der Forschende schon ganz auf Vermutungen angewiesen. Sei es, daß Literatur aus anderen als den mitteleuropäischen Hauptländern nicht in die gängigen Biographien mit aufgenommen wurden, sei es, daß in anderen als diesen keine Kenntnis vom Grafen bestand oder kein Interesse an ihm: die Zahl der bekannten Arbeiten von dort ist minimal. –

 

Namenswechsel, Namenverwechslung

Man kann Verläßliches nur über eine Person berichten, die man selbst kennt oder genau zu identifizieren imstande ist. Wie aber, wenn jemand als Solar ein Land verläßt und als Caldwell ein anderes betritt? Der Graf wird, wenn man alle Angaben zusammenträgt, unter 30 – 40 verschiedenen Namen geführt, von denen er sich eine unbestimmte Anzahl selbst beilegte. Sie waren symbolisch (Welldone), bezogen sich auf Lebensumstände (“Surmont“, als er Besitzer des Schlosses Ubbergen geworden war), gaben versteckt seine Identität zu erkennen (Tsarogy) oder waren frei erfunden. Neben diesem einfachen Sichzulegen eines fiktiven Namens gibt es aber noch die Version, “Saint-Germain” sei, mit oder ohne Wissen der Betreffenden, vorübergehend in die Identität lebender und, was die Angelegenheit noch heikler macht, durchaus bekannter Zeitgenossen geschlüpft. Dazu zählen eigenartigerweise besonders Schriftsteller, wenn auch nicht gerade Voltaire und Beaumarchais.Genannt werden Louis Dutens, Verfasser der “Mémoires d’un voyageur qui se repose”, und der Abbè Raynal. An anderen wäre anzuführen der Chevalier d’Eon, eine Person, die für derartige Wechselspiele und Verwechslungen einigermaßen geeignet scheint, denn abgesehen davon, daß der Chevalier geheimdiplomatisch tätig war, soll man lange Zeit gerätselt haben, ob er Mann oder Frau gewesen sei. (Gleiches sagte man übrigens sogar Saint-Germain nach). Ich bin nicht in der Lage, all diese Spekulationen zu durchschauen, halte aber die meisten für abwegig, zumal sie überhaupt nicht dokumentierbar sind (siehe euch meinen Kommentar zu Langeveld im Anhang).

Nicht folgen kann ich auch, wenn als unumstößlich hingestellt wird, Saint-Germain sei während seines Aufenthalts in Nordeuropa quasi mit dem italienischen Aufklärer Francesco Algarotti identisch gewesen und hätte über lange Zeiträume hin mit Erlaubnis von dessen Familie seinen Namen geführt. Argumente, die dagegen sprechen: Algarotti war als Verfasser des “Newtonianisme pour les dames” eine europäische Berühmtheit. Er war mit allen europäischen Geistesgrößen gut bekannt, und eine unverwechselbare Erscheinung. Mit Friedrich dem Großen war er mehr als bekannt, nämlich befreundet auf eine Weise, in der Sinnliches eine große Rolle spielte – und ein Hang zu erotischer Sinnlichkeit ist ein Wesenszug, dessen Fehlen bei Saint-Germain gerade auffällig ist. Überdies hat Algarotti über längere Strecken hin an Friedrichs II. Hof gelebt, während mehrere Briefe des Preußenkönigs beweisen, daß er, dem man doch geistige Neugier nachsagte, sich Saint-Germain geradezu vom Leibe halten wollte, da er ihm nicht ganz traute. Es ist auch nicht einzusehen, weswegen Leopold Georg von Rakoczy sich mit einem Empfehlungsschreiben in eigener Sache als Saint-Germain an Friedrich wenden mußte – wie er es getan hat, da er doch als Algarotti ein enger Freund von ihm gewesen sein soll. –

Zu dem eigenmächtigen Verschwinden hinter Inkognitos kommen noch die Verwechslungen durch andere mit Trägern des gleichen Namens hinzu.
An erster Stelle steht hier ein im juristischen Sinne echter Saint-Germain, der schon mehrfach erwähnte Claude-Louis de Saint-Germain, französischer Offizier und Feldmarschall (in verschiedenen Diensten), später Frankreichs Kriegsminister. In seinen Memoiren schwieg sich wahrscheinlich Adelsstolz über unseren Saint-Germain aus. Es ist nämlich wenig wahrscheinlich, daß die beiden überhaupt nicht in gesellschaftliche Reichweite miteinander geraten waren, denn zum Unglück für jeden Biographen und Bibliographen lebten sie nicht nur zu gleichen Zeit, sondern sie hielten sich auch mehrere Male zeitweilig in denselben Gegenden auf. Zu allem Überfluß waren sie beide Schützlinge und Freunde des Marschalls von Belle-Isle. Der Gedanke an mögliche Konfusionen drängt sich geradezu auf. Vieles von dem, was man dem zivilen “Abenteurer” zuschreibt, geht infolgedessen auf das Konto des militärischen. So vor allem das angebliche Wirken in Rußland. Den Berichten oder Gerüchten zufolge soll unser Saint-Germain mitbeteiligt gewesen sein an der Palastrevolution, welche die dann so genannte Katharina II. (die Große) gegen ihren Gatten angezettelt hatte. Da sie in unmittelbarer Folge dieses Staatsstreichs ihren eigenen Mann umbringen ließ, wäre Saint-Germain mithin an einem Mord beteiligt gewesen. Es würde zu weit führen, auf die technischen Einzelheiten einzugehen, die eine Verwechslung der beiden Saint-Germains zwar nahelegen, aber den unseren als Beteiligten ausschließen; jedoch ganz abgesehen davon liegt bei Rakoczy – Saint-Germain selbst eine entfernte Mittäterschaft an einem Mord doch gänzlich außerhalb der Persönlichkeit. Doch selbst wenn man das Mitwirken an der Revolution beließe, und sei es auch nur eine innerhalb des Palastes gewesen, bliebe die Annahme verwunderlich, denn es gab neben der Sexualität kein anderes Gebiet, auf dem er so abstinent war wie das des Kriegswesens.
 Übernehmen Saint-Germain – Spezialisten diese Ungereimtheiten, so ist es schon beinahe verzeihlich, wenn große öffentliche Informationseinrichtungen das Publikum in die Irre führen.

Dafür zwei Beispiele:
In der neuesten Auflage vor “Meyers Enzyklopädischen Lexikon” heißt es in dem 1981 erschienenen 28. Band, der das Personenregister enthält:

“Saint-Germain, Claude Louis Comte de, 1707-1778, frz. General u. Politiker: Lebenselixier 14/722″

Und in Band 14 findet man dann unter “Lebenselixier“:

“Universalarznei, die Jugend, Schönheit und langes Leben verleihen bzw. erhalten soll… Handelsprodukt wurde das L. durch Paracelsus… Er fand später viele Nachahmer, wie z. B. im 18. Jh. den Grafen C. L. de Saint-Germain, der ein mildes Abführmittel als L. verkaufte… “

Der Herr Kriegsminister wird wahrscheinlich darob vor ohnmächtigern Zorn im Jenseits den astralen Marschallstab geschüttelt haben. –

Ein weiteres Beispiel:
Im Alphabetischen Katalog der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg findet man unter “Saint-Germain, Louis Claude” eine Verweisung auf G. B. Volz: Der Graf von Saint-Germain, G. B. Volzens Arbeit ist als Quellensammlunq immer noch das Standardwerk im Deutschen über Rakoczy – Saint-Germain. 
Hätte es nur dies eine Pendant gegeben, so wäre es im Laufe der Zeit vielleicht möglich gewesen, den Lebensstrang unseres Saint-Germain eindeutig herauszulösen. Jedoch es sind viel kompliziertere Verflechtungen denkbar. Laut Paul Charcornac gibt es allein drei weitere bekannte ‘de Saint-Germains’, dazu noch drei, die den Titel ‘Marquis’ trugen. –

Der Druckkatalog der Bibliothéque Nationale verzeichnet zwei Autoren, die ebenfalls in Frage kämen. Soweit das Aktenkundige; wie groß ist die Dunkelziffer?  Paul Chacornac schreibt, es sei als wahr erwiesen, daß der Name des Grafen ein Pseudonym sei, dessen sich zu der Zeit mehrere “grands personnages” bedient hätten, wenn sie inkognito reisten. Man konnte sich mit Leichtigkeit selbst einen Namen zulegen, wofür unsere Figur selbst ja das beste Beispiel bietet. In einem Zeitalter, da es weder Lichtbilder noch Personalausweise im heutigen strengen Sinne gab, konnte bei einem Zusammentreffen mit einem “Saint-Germain” jedermann glauben oder sich selbst glauben machen, den Grafen kennengelernt zu haben; dies umso mehr, als die Begegnung mit einem leibhaftigen Mythos ein Erlebnis war, mit dem man in der Gesellschaft hausieren gehen konnte.
 Kurz: zuverlässig hätte über Zeiträume und Ländergrenzen hinweg unsere Person nur von jemand identifiziert werden können, der ihn genau kannte respektive wiedererkannte.
 Damit nicht genug, scheint es so, als ob sogar Personen der direkten Bekanntschaft des Grafen mystifiziert worden seien.
In Paris gab es zu jener Zeit einen Schauspieler namens Gauve. Da er auch privat ein großer Imitator war und seine Kunst vor allem auf britische Charaktere anwandte, gab man ihm den Spitznamen “Mylord Gower”. Den Spitzeln Choiseuls nun, der Saint-Germain wegen dessen Einfluß aufMadame Choiseul und seines ihm allzu vertrauten Umgangs mit dem König sehr stark beargwöhnte, war bald eine große Ähnlichkeit zwischen Saint-Germain und diesem Mylord Gower aufgefallen. Eine günstigere Koindizenz ließ sich kaum denken. Damals fanden die geselligen Aktivitäten der einzelnen Gesellschaftsklassen stark getrennt voneinander statt, folglich konnte Gauve-Gower nahezu ungefährdet in den bürgerlichen Salons den berühmten ‘Grafen von Saint-Germain’ spielen. Ziel war, den wirklichen Menschen Saint-Germain lächerlich zu machen, und auf diese Weise seinen Einfluß bei Hofe zu untergraben.
Mylord Gower steigerte sich in seine Rolle maßlos hinein und erreichte bald schwindelnde Höhen. Hatte der Graf  Szenen der Geschichte wiederbelebt, indem er spielerisch so tat, als sei er beispielsweise am Hofe Karls V. zugegen gewesen, so gab sein Double mit absoluter Bestimmtheit vor, amKonzil von Trient teilgenommen zu haben. Damit nicht zufriedengestellt, behauptete er, Gast auf derHochzeit von Kanaa gewesen zu sein und schon damals Jesus vorausgesagt zu haben, daß es ein böses Ende mit ihm nehmen würde. ‘Aber er hat nicht auf mich gehört.’ Als selbst das ihm nicht genügte, wollte er selbst noch die Heilige Anna, die Großmutter Jesu, kennengelernt haben. Immerhin blieb einiges von diesen Übertreibungen in den Gehirnen hängen, denn es wir nicht nur einmal die Anekdote tradiert, in der Saint-Germain sich an seinen Diener gewandt haben soll mit der Bitte, ihm bei der Fixierung eines bestimmten Ereignisses mit seinem Gedächtnis auszuhelfen:

“-Ne me trompe – je pas, Roger? lui dit-il. -Monsieur le compte oublie qu’il n’y aque cinq cents ans que je suis avec lui, je n’ai donc pu assister à cette aventure; ce coit être mon prédécesseur”.


Milder geht es bei anderen zu:

“Quelque fois en rendant un discours de Francois I, ou de Henri VIII, il contrefaisait la distraction et disant: ‘Le roi se tourna vers moi’… il avalait promptement le moi et continuait avec la précipitation d’un homme qui cTest oublié, ‘vers le duc un tel’. “

So erzählt der Baron von Gleichen. War er selbst dennoch ein Opfer, er, der den Grafen gesellschaftlich gut kannte? Er gibt, als einziger, an, Saint-Germain habe ein Französisch mit piemontesischem Akzent gesprochen. Auf einen piemontesischen Ursprung des Grafen weist nur ein Gerücht hin, aber der Schauspieler Gauve stammte aus Piemont! Zumindest für den Pariser Aufenthalt des Grafen kann man also nicht immer die Frage von der Hand weisen: Ist ‘Saint-Germain’ in Wirklichkeit Mylord Gower?

Motive der Verschleierung

Sie sind sehr unterschiedlich, doch dürfte an hervorragender Stelle das Verbergen der Identität als Vorsichtsmaßnahme stehen. Diese Erfordernis wird eigenartigerweise in vielen Darstellungen nicht erkannt, obwohl sie auf der Hand liegt. An erster Stelle wird fast immer der Hang des Grafen zur Mystifikation genannt. Den besaß er sicherlich, doch übersieht man dabei, daß er verfolgt wurde. Man kann ihn guten Gewissens geradezu einen politisch Verfolgten nennen. Habsburg trachtete ihm als Erben eines Aufrührers möglicherweise nach dem Leben. Doch selbst wenn man eine Gleichung Saint-Germain =Rakoczy nicht akzeptiert, bleibt die Verfolgung durch (den französischen Außenminister) Choiseul, der gedroht hatte, ihn in die Bastille werfen zu lassen, bleibt weiterhin die Verfolgung in England als angeblicher Spion eben dieses Choiseul. – Schließlich und endlich wurde er auch von seinem eigenen Ruhm oder auch schlechten Ruf verfolgt. Das galt für alle Länder des Kontinents. Er hatte Publicity, darin ähnelte er den Stars unserer Tage, und nach den Berichten von Betroffenen zu urteilen kann diese Tatsache durchaus ein Grund sein, sich hinter einer Maske zu verstecken. — Taktische Gründe würden unbedingt ins Spiel kommen, wenn man gelten oder sich davon überzeugen laßt, daß der Graf Mitglied von Geheimbünden gewesen sei. Man muß aber in einigen Fällen gar nicht so weit gehen, denn wie seine diplomatische Mission in Den Haag zeigt, kann er durchaus als inoffizieller Abgesandter einer konventionellen Macht gehalten gewesen sein, im Ausland unter anderem Namen zu agieren. — Die Tendenz, sich interessant zu machen, möchte ich hier nicht ausschließen, denn manchmal war der Graf nicht Geheimnisträger, sondern Geheimnistuer – Und schließlich kann es auch pure Laune oder Spiel mit der Identität gewesen sein, die ihn bewogen haben, andere Masken anzulegen, die Persona zu wechseln. Hier findet der Übergang zum Okkulten statt, oder, um nicht ganz und gar aus dem Licht zu treten, zur Philosophie.
 Zu diesem Komplex möchte ich Alexander von Lernet-Holenia das Wort geben:


”Das Unbekannte”

– sagt er,

“läßt sich nicht mit größerem Recht bestreiten, als man daran glauben kann. Es ist aber anzunehmen, daß Saint-Germain von diesen Dingen genauere Vorstellungen gehabt habe. Seine Neigung, die eigene Persönlichkeit durch fortwährende Verwendung anderer Namen zu verwischen, spricht… dafür… Man vermutet, er habe sich selber nicht so sehr als einzelne, umgrenzte Person, wie vielmehr als eine Reihe von Personen betrachtet, welche, vom Reiche des Geistes abgesandt, im Laufe der Zeit in den verschiedenen Gestalten, aber immer im gleichen Auftrag, erschienen seien.”

Man kann das gleiche auch lustiger haben. Wenn wir Maximilian von Lamberg Glauben schenken können – was zweifelhaft ist, aber in diesem Zusammenhang keine so große Rolle spielt – hat St. Germain selbst die Satyrtöne dazu geliefert:


“Er soll zu Peking gewesen seyn, ganz und gar ohne einen Namen zu haben, und da ihm die Polizey anlag sich zu nennen, entschuldigte er sich damit, er wüste es selbst nicht wie er hieß. In Venedig sagt er, nenne man mich den Kinnstreichler, in Hamburg mein Herr, in Rom Monsignor, in Wien Pst, zu Neapel pfeift man mir, wenn man mich haben will, in Paris lorgnirt man mich, und bei diesem Zeichen nähere ich mich gerne denjenigen, die mich betrachten. Lassen Sie sich meinen Namen nicht irre machen, meine Herren Mandarinen, so lang ich mich bei ihnen aufhalte, werd ich mich so betragen, als wenn ich einen sehr berühmten hätte; ich mag Kunz oder Benz, Piso oder Cicero heißen, mein Name muß ihnen gleichgültig seyn.

 

Fehler in Quellen und nachfolgenden Texten

Pseudoquellen

Der Betrachtung der eigentlichen Quellentexte muß ich die der Erzeugnisse vorausschicken, die nur als solche galten, aber zum Teil immer noch für echt gehalten werden. Um es gleich zu sagen: danach bleibt nicht mehr sehr viel übrig.
 In Parenthese möchte ich hier die Lage bei Mme. de Pompadour heranziehen, die infolge ihrer Position als engste Vertraute und politische Ratgeberin des Königs von Frankreich natürlich mit Saint-Germain in Verbindung stand und deshalb in diesem Zusammenhang nicht unwichtig ist. Von ihr gibt es mehrere, zum Teil vielbändige, Briefausgaben (auch in der SuUB), die als Zeugnisse in biographischen Darstellungen herangezogen werden. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß vermutlich die allermeisten dieser Briefe der Hand eines Herrn Barbé-Marbois entsprungen sind.
 Ähnlich ist die Lage beim Grafen von Saint-Germain. Vier der angeblichen Memoiren, die bis in unsere Zeit hinein als Zeugnisse angeführt und verwertet werden, sind später entstandene Fälschungen, von denen allein drei zumindest zum allergrößten Teil aus der Feder des Baron Etienne de Lamothe-Langon stammen. Wenn heutzutageHermann Schreiber der „Konsalik der Sachliteratur” genannt werden kann, dann war Lamothe-Langon der französische Hermann Schreiber des 19. Jahrhunderts. Bei ihm und dann vervielfältigt bei schriftstellerischen Nachfahren finden sich die Geschichten von Saint-Germain als Beschwörer von wunderschönen, aber nach Aas stinkenden, da schon längst toten Bräuten oder die vom berüchtigten “Hirschpark” Ludwig des Vielgeliebten, in dem der Graf erst ein Mädchen zum Scheintode bringt, um ihr die Umarmungen des Königs zu ersparen und sie dann, nach Abkühlung und Abtreten Ludwigs wieder aufzuwecken oder auch die Saga von der Kammerzofe, die heimlich einen zu großen Schluck von seinem ‘Elixier’ nahm und als Embryo wiedergefunden wurde – und so weiter.

Fehler in der Wiedergabe

Ich meine damit sowohl die Wiedergabe von purer Realität als auch die von bereits vorhandenen Textgrundlagen, im Sinne von Weitergabe.
 Bei den wirklichen Quellen muß man trotz prinzipieller Authentizität immer noch die relative Unkenntnis der Verfasser(innen) in einzelnen veranschlagen. Nicht jede berichtete Begebenheit ist unmittelbar selbst erlebt, und es wird nicht unbedingt zugegeben, was man nur vom Hörensagen kennt. Diese Haltung kann auf Gutgläubigkeit beruhen, aber auch auf dem Bestreben, sich interessant zu machen.
Zeitgenossen sind meist entweder kurzsichtig oder verblendet. Wie an heutigen Polizeischulen gelehrt wird, fällt es selbst professionellen Beobachtern schwer, alles zu behalten oder auch nur richtig zu sehen. Man kann die Überfülle von Lücken und ihre Ungenauigkeiten, die sich bei der Betrachtung des Grafen von Saint-Germain verzeichnen lassen, natürlich nicht verallgemeinernd auf sämtliche historischen Personen der Geschichte übertragen, aber sein Fall mag exemplarisch sein, da an ihm die Probleme des Ergründens historischer Fakten besonders deutlich werden. Die Recherchen über ihn ergeben vielleicht keinen Modellfall über die Fragwürdigkeit “historischer Wahrheit”, aber doch ein Lehrstück über Ohrenzeugen.
Ich möchte das beispielhaft anhand einer Zitatenkette verdeutlichen: 
Gustav Berthold Volz’ Werk “Der Graf von Saint-Germain” (1923) ist, wie auf S. 66 schon erwähnt, ein Werk, daß jeder konsultieren muß, der sich im deutschen Sprachbereich mit Saint-Germain beschäftigt. Es wird auch weitaus am häufigsten als Literatur zum Thema angegeben. Nun ist Volz erklärtermaßen ein Verächter des Grafen und damit sichtlich nicht in der Lage, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Er interpretiert ihn schlicht falsch.

Volz bezieht seine Urteile weitgehend von Friedrich Bülau, der zwar Historiker und “Staatswissenschaftler“ war, aber seine “Geheimen Geschichten” dennoch recht feuilletonistisch wiedergab. 
Bülau wiederum fußt nach eigenen Angaben sehr stark auf den “Denkwürdigkeiten” des Barons von Gleichen. Von Karl-Heinrich von Gleichen schließlich sagt der Philosoph Louis Claude de Saint-Martin, dem er gleichfalls ein Kapitel in seinen “Mémoires” widmet, er sei ein Mensch, der dreißigmal lüge, ehe er einmal die Wahrheit spreche.
Man kann noch einen Schritt weitergehen und sagen: es würde sich mühelos jemand finden lassen, der aus Saint-Martins Urteil – immerhin eines Verehrers Jacob Böhmes und Swedenborgs und damit für jeden Rationalisten a priori eines “Spinners” – gründlichst anzweifeln könnte.

Gegnerschaft und Konkurrenz

Nicht vergessen darf man bei zeitgenössischen Zeugnissen Konkurrenzneid und Feindschaft. Der “portugiesische Jude” Choiseuls, diese aus der Wut des Augenblicks heraus entstandene Bezeichnung für Saint-Germain, wirkt bis in unsere Tage nach. Gründlicher aber noch zu unterminieren versucht hat seinen Ruf Giacomo Casanova. 
Wir treffen auf den Grafen von Saint-Germain an etlichen Stellen seiner “Memoiren”, denn sie sind sich verschiedentlich begegnet. Der Ausdruck “Ihre Wege kreuzten sich” ist hier äußerst zutreffend, denn Casanova war jedesmal bemüht, sich möglichst schnell wieder aus Saint-Germains Nähe zu entfernen. Er sah in ihm überlegene Konkurrenz, und ihm war er nicht ganz geheuer.Giacomo Casanova de Seingalt war zwar ein glänzender Schriftsteller und im Sinne der Aufklärung geistvoller Kopf, aber nichtdestoweniger ein Windmacher und Filou. Beide haben sich mit “alchimistischen” Experimenten abgegeben, aber während Saint-Germain versuchte, aus der Materie Erkenntnisse zu ziehen, suchte Casanova wirklich nur Stoff für Scharlatanerien. Die Marquise d’Urfée, die Saint-Germain, vorher ihr geistiger Berater, dem Chevalier de Seingalt schließlich’ überließ, da ihre Sucht, leichtgläubiges Opfer zu sein, allzu stark war, starb, von Casanova geschwängert, in dem Glauben, in ihrem eigenen Kind wiederaufzuerstehen, und um eine Million Francs erleichtert.
 Da Casanova bei Saint-Germain ähnliche Motive vermutete, aber sein größeres Können im “magischen” Dingen anerkennen mußte, hatte er schlicht Angst vor ihm. Es gibt eine Szene, in der er ihn anbettelt und sich gleichzeitig über seine schlechte Gesundheit beklagt. Das Geld, das ihm Saint-Germain offerierte, nahm er, die gleichfalls angebotene Medizin nicht. – Aus dieser Haltung heraus wird der Graf von Saint-Germain in dem berühmtesten der zeitgenössischen Memoirenwerke beschrieben.

Technische Gründe

Hierzu gehört in erster Linie der Verlust von Material. Saint Germain war, wenn auch um Entwicklung und Wohl des Volkes bemüht, ein Monarchist. Was seine eigene persönliche Existenz, genauer: sein Nachleben betraf, hätte er nachträglich durchaus recht gehabt, den Massen zu grollen. Napoleon III. hatte sich für die Gestalt des Grafen interessiert und den Auftrag gegeben, alles Erreichbare über ihn zu sammeln. Als die Pariser Kommune 1871 bei ihrem Aufstand das Rathaus der Stadt in Brand setzte, gingen damit unquantifizierbare und nicht zu qualifizierende Dokumente verloren. Die Nachwelt muß sich mit den Resten zufriedengeben. Dieser Verlust an Zeugnissen ist der spektakulärste, doch nicht der einzige. Vieles läßt sich nur erahnen. Saint-Germain, seinem Wesen nach sehr kommunikativ, hat offenbar viele Briefe geschrieben, erhalten, respektive bekannt ist nur eine sehr qerinqe Anzahl. Bei den Briefen an den Grafen Lamberg z.B. ist es ziemlich gewiß, daß sie verloren sind.  Ziemlich gewiß heißt, eine andere Möglichkeit bleibt noch offen. 
Das Ruhen unbekannten Archivmaterials ist anzunehmen, abschätzen an Umfang und Bedeutung kann man es nicht.

Hiermit komme ich zu den Schwierigkeiten, an solches Material heranzukommen. An erster Stelle steht hier natürlich das eigene Unwissen. Da Saint-Germain sehr viele Jahre seines Lebens inkognito, um nicht zu sagen im Untergrund, auf jeden Fall aber außerhalb der etablierten Gesellschaft verbracht hat, ist es kaum möglich abzusehen, wo überall noch Quellen erschlossen werden könnten. (Frau Irene Tetzlaffscheinen hier große Schritte gelungen zu sein. Leider aber wird der Dokumentenband zu ihrer Romanbiographie erst im nächsten Jahr erscheinen). 
Zurückhaltung von Material. Wissen allein genügt jedoch noch lange nicht. Ich darf hier erwähnen, daß Frau Tetzlaff die materiellen Grundlagen für ihre beiden Darstellungen des Lebens St. Germains über 30 Jahre hin zusammengetragen hat. – Neben den Hindernissen von Zeit und Raum gälte es beim Zusammentragen von Zeugnissen auch Widerstände persönlicher Art zu überwinden, die sich der Herausgabe oder auch nur der Einsicht in sie entgegenstellen würden und entgegengestellt haben. Man weiß oder kann als sicher annehmen, daß in Archiven von Familien und Organisationen, vor allem solchen geheimerer Art, noch immer eine Menge von Material ruht, das nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, da es zu sehr die Belange der Betreffenden berühren wurde. Bei gewissen Institutionen könnte dies sogar bis ins Politische reichen. –

 

Legende und Nachleben

des Grafen von Saint-Germain

Legende

Gar nicht zu trennen von den Fakten ‘ ist im Falle Saint-Germains die Legende. Sie beginnt bei kleinen legendären oder doch merkwürdigen Einzelheiten. So soll er in Mexico eine begüterte Frau geheiratet haben und dann mit deren Geld nach Konstantinopel geflohen sein; so erzählt man auch, er soll nach Indien – das in seiner Vita vielleicht selbst schon eine Legende darstellt – einen Sohn mitgebracht haben. DerselbeLamberg, der das erzählt, versammelt noch mehr Kunststücke (er ist aber bei weitem nicht der einzige). Saint-Germain hätte mit beiden Händen gleichzeitig schreiben können und zwar so, daß beide Schriften nicht voneinander zu unterscheiden gewesen wären. Lamberg stellt selbst ungewollt einen eigenartigen Zusammenhang her, wenn er davon berichtet, Saint Germain würde ein Stammbuch herumzeigen, in dem ihn Michel de Montaigne im Jahre 1580 mit einer Eintragung beehrt hätte. ‘
Auch soll er die Fähigkeiten gehabt haben, Bienen zu zähmen und den Schlangen Musik beizubringen.
 Neben diesen Kleinigkeiten haben sich aber vom Anfang seines Auftretens an zwei für seine Fama charakteristische Merkmale herausgebildet, die eng zusammenhängen und sich bis heute erhielten. Das eine ist seine unbegrenzte Langlebigkeit, seine Unsterblichkeit, das andere sein angebliches Mittel dafür, das “Aqua benedetta” oderLebenselixier. 
Über diese Flüssigkeit habe ich schon gesprochen. Die reale Fähigkeit, sich jugendfrisch zu erhalten, die er auch, meist unverstanden, propagierte, sah sehr viel einfacher aus. Er trank nie beim Essen, aß äußerst maßvoll, und überhaupt lebte er, nach den Worten Gleichens, der ihn ja ein halbes Jahr lang beobachtet hatte, “d’un grand régime”. Und eben dieser Baron von Gleichen, von dem wir wissen, daß ihn Sensationellen überaus reizten, gibt an der gleichen Stelle ganz nüchtern von sich, “je ne l’ai jamais entendu parier d’une médicine universelle”.
Schwieriger haben wir es mit der Folge des angeblichen Wassergenusses, mit seiner absoluten AIterslosigkeit.
 Ich könnte eine ganze Abhandlung allein schon mit den Recherchen über berichtete Aktivitäten Saint-Germains nach 1784 füllen, mit Reports darüber, wo er überall gesehen und gesprochen worden sein soll. Es begann nicht erst damit, daß man ihm im Jahre 1836 inSchleswig in seiner jetzt altertümlich gewordenen Tracht dem Leichenzug seines Gönners Karl folgen sah, hat sich aber besonders gut dem Publikum eingeprägt. Ganz besondere Nahrung fand das Gerücht seiner Körperlosigkeit noch in jüngerer Zeit, als man seine Gruft in der Nicolai-Kirche leer fand; nur hatte man sich leider, wie sich dann herausstellte, in der Nummer geirrt. -
Aus einem etwa bestehenden Dilemma zwischen Glauben und Zweifel kann man sich herausretten durch den einfachsten aller Auswege, nämlich den zu St.-Germain selbst. Madame Duhausset, die zu den vernünftigeren unter seinen Chronisten zählt, machte sich eines Tages, nach einer seiner Historiendarbietungen, daran, wegen der kritischen Punkte in ihn zu dringen:


”Wie es scheint, haben Sie das alles gesehen.” – “Mein Gedächtnis ist stark”,

sagte er,

“und ich habe die französische Geschichte eingehend studiert. Bisweilen erlaube ich mir den Spaß, die Leute zwar nicht glauben zu machen, aber glauben zu lassen, daß ich in den ältesten Zeiten gelebt habe”. – “Aber schließlich sagen Sie doch nicht, wie alt Sie sind, und Sie geben sich für sehr alt aus. Die Gräfin von Gergy, die vor 50 Jahren Botschafterin war, ich glaube, in Venedig, behauptet, Sie so gekannt zu haben, wie Sie jetzt sind.” – “Allerdings Madame, habe ich die Gräfin von Gergy vor langer Zeit kennen gelernt. ” – “Aber nach dem, was sie sagt, müßten Sie jetzt über 100 Jahre alt sein.” – “Das ist nicht unmöglich,” sagte er lachend, “aber wie ich zugebe, ist es noch möglicher, daß die verehrte Dame Unsinn redet.” – “Sie behauptet, Sie hätten ihr ein Elixier von wunderbarer Wirkung gegeben. Sie hätte infolgedessen lange wie eine Vierundzwanzigjährige ausgesehen. Warum geben Sie dem König das Elixier nicht?” – “Ach, Madame”, versetzte er mit einer Art von Schauder, “wenn ich mir bekommen ließe, dem König eine mir unbekannte Arznei zu geben, müßte ich wahnsinnig sein.”


Meiner Meinung nach ziemlich lapidare Antworten. -
Einen sehr viel akzeptableren Sinn erhält Saint-Germains “Unsterblichkeit”, wenn man sie in der Beleuchtung durch die Reinkarnationstheorie sieht. Ihr zufolge kann sich aber nicht das Individuum Saint-Germain ständig reproduziert haben, sondern eine umfassendere geistige Individualität würde sich zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in dem Einzelwesen Saint-Germain verkörpert haben. Ein ewiges Leben in diesem Sinne ist aber etwas anderes als grenzenlose Langlebigkeit. Auch das irdische Dasein des historischen Buddha hat seinen Abschluß gehabt.

 

Nachleben

Von diesen Zusammenhängen gingen die Adyar – Theosophen aus, als sie Ende des letzten Jahrhunderts “Saint-Germain” also die Zusammenballung von Kräften, die im 18. Jahrhundert Form und Name von ” Saint-Germain ” angenommen hatten, wiederverkörpert sahen in dem “Meister Rakosci”.
Vordem, vor Saint-Germain also, sollen die Inkarnationen bestanden haben in Francis Bacon (17. Jh.), dem Mönch Robertus (16. Jh.), Hundyadi Janos (15. Jh.), Christian Rosenkreutz (?, 14. Jh.) und Roger Bacon (13. Jh.) -
Die “Meister” sind Personen oder Wesen, die unerkannt und zum Teil auch “unsichtbar” unter uns residieren und die Geschicke des Planeten Erde beaufsichtigen sollen. Sie sind zuständig für jeweils einen der sieben sogenannten “Strahlen” – wohl am ehesten zu verstehen als Kraftfelder – in die der Kosmos aufgeteilt ist. 
”Meister R.” unterstehe der siebente Strahl, der der zeremoniellen Ordnung und der Magie. Dazu gehören auch das Mineralreich (!), jegliche Art von Organisation (als Strukturbegriff, aber auch in der realen Manifestation als Kirche, Truppe, Orden etc.) ‘ und der sogenannte “mentale” i. e. höchste Körper, den der Mensch und ähnliche Wesen besitzen. ‘ – AlsMeister des siebenten Strahls solle ‘der Graf’, wie er auch von den Theosophen genannt wird, noch ehe dieses Jahrhundert zu Ende sei, eine größere Rolle bei uns spielen.

Hatte es schon immer Strömungen gegeben, für deren Anhänger der Graf in Eckernförde nur einen Scheintod gestorben war, so bekam diese Geistesrichtung durch die VerkündigungenMme. Blavatskys und Alice Baileys einen neuen Aufschwung, der bis heute anhält und in seinen Ausmaßen nicht zu ermessen ist. Es gibt heutzutage etliche esoterische Gruppierungen mit einer Fülle von schriftlichen Äußerungen, die gern als unmittelbare “Kundgabe” oder “Durchgaben” des Wesens “Saint-Germain” bezeichnet werden. (Eine kleine Auswahl davon habe ich in der Bibliographie aufgelistet. Sie sind kaum zu ermitteln und auch bibliographisch zum Teil nur sehr schwer einzuordnen; teilweise sind sie mit keinerlei Angaben versehen. An die meisten bin ich nur durch eine Annnonce in der Zeitschrift “Esotera” herangelangt, und etliches von dem Material sind einfach Durchschläge von maschinengeschriebenen Manuskriptseiten.
Besonders in den Vereinigten Staaten soll es Gruppen geben, die um Saint-Germain einen wahren Kult treiben, mit abendlichen Beschwörungen etc.-Aber ein “Okkultist” muß kein Obskurant sein, und so gibt es Vereinigungen, für die der Graf eine Rolle spielt, die man auch bei anerkannten Größen in nüchterner Ehrerbietung bis heute als “geistiges Nachleben” bezeichnet. Soweit ich verstanden habe, wird der Name St.-Germains in diesem Sinne auch von heutigen Rosenkreuzern hochgehalten, die ihn ausdrücklich als Identifikationsfigur ansehen.
Im übrigen halte ich es für richtig, was Maurice Heim über diesen Komplex sagt, nämlich, es komme nur Eingeweihten zu, über esoterische Doktrinen zu diskutieren. –

[Zur Rolle von Saint Germain in Esoterischen Gruppen siehe auch das Buch von Christiane Feuerstack „Graf Saint Germain im Spiegel der Widersprüche“ im meschmedien verlag (Red.)]

 

Fazit

Bemerkungen zur Literatur über Saint-Germain und zu Saint-Germains Bild in der Literatur

(Einzelcharakteristiken in der Bibliographie)

“La science conjecturale de l’histoire -” oder auch: Geschichtsschreiben ist Wunschdenken

Bei diesen allgemeinen Betrachtungen will ich nicht unbedingt Fiktion und an den Fakten orientierte Biographie auseinanderhalten. Der Begriff der “Wissenschaftlichkeit” wird einem außerordentlich fragwürdig, wenn man sieht, daß ein Belletrist wie Lernet-Holenia auf wenigen Seiten Prägnanteres über Saint-Germain auszusagen weiß als ein Spezialist in einem ganzen Fach-Werk von Erörterungen, Zitaten und Fußnoten (Langeveld). Die beiden Bereiche kann bei unserem Gegenstand ohnehin kaum voneinander trennen, denn die Mischzone der Autoren, die offensichtlich weder Berufsschriftsteller noch Fachhistoriker sind, ist hier außerordentlich groß. Ich behaupte jedenfalls von der vorliegenden Qualität der Erzeugnisse her, daß einige eher als Dilettanten denn als Literaten zu bezeichnen sind (Dannenberg oder J. Cooper Oakley z.B.). Statt Fakten werden weihevolle Stimmungsbilder geliefert, und man gibt sich einem verfehlten literarischen Ehrgeiz hin, auch wenn man stattdessen durchaus Substanz zu bieten hätte. Damit will ich nicht pauschal “Weltanschauungs” – Autoren abkanzeln. Wenn jemand vom theosophischen oder rosenkreuzerischen Standpunkt aus schreibt, muß man es akzeptieren, sofern nicht gerade verlaufende Linien schief gebogen werden. (Man muß allerdings auch eingestehen, daß es schwierig ist, bei einem Leben von Geradlinigkeit zu sprechen, dessen Verlauf nur schwach punktiert ist)-

Ich habe hier auch weder Raum noch Zeit, mich ausführlich mit Lehrmeinungen auseinanderzusetzen, und kann mich hauptsächlich nur auf das Referieren der Disparatheit beschränken.
 Die Mängel von Berichten und Sekundärliteratur sind mannigfaltig. (Die Darstellung in rein literarischen Werken kann ich im wesentlichen nur wiedergeben. Für ästhetische Kritik ist hier wenig Platz, auch wird der Graf von Saint-Germain in den meisten Werken nicht als historische Figur behandelt, sondern im weitesten Sinne als Symbolgestalt benutzt. Wichtig ist hier im einzelnen Fall nur die Stimmigkeit der Behandlung oder die Intuition des Autors oder auch nur die Bestimmung der Funktion, die man Saint-Germain zuteilt. – Schwierig ist es nur bei einer Reihe von Arbeiten, die zwischen den Gattungen oder Literaturarten liegen (Danneberg, Tetzlaff, Lamothe-Langon , Heim) und als solche typisch sind. Ich gehe gegebenenfalls überwiegend auf das rein biographische Element in ihnen ein. 
Es beginnt bei Ungenauigkeiten wie der Ortsangabe “Plewig” für Schleswig und führt über schlimme Datenmanschereien zu puren Erdichtungen.
 Oder aber man recherchiert bis zu einem Zeitpunkt und erklärt dann, die Spur des Grafen verliere sich im Dunkel, obwohl ihre Fortsetzung sogar aktenkundig ist. Das gilt besonders für einige französische Autoren, die die eminent wichtigen Lebenserinnerungen Karls von Hessen-Kassel nicht gekannt oder kaum beachtet haben.
 Am Ende stehen fragwürdige Gesamteinschätzungen. Das Charakterbild Wallensteins ist im Vergleich mit dem Saint-Germains eine eherne Statue im 3D-Realismus; und man übertreibt kaum, wenn man über die Biographie Saint-Germains das Motto setzt “Suum cuique” mit der Übersetzung “Jedem Autor der Seine”, der eigene private Saint-Germain nämlich, oder: jeder, wie er es versteht; denn man hat im Überblick manchmal den Eindruck, als ob die Darstellung der einzelnen Verfasser viel mehr über sie und ihr Weltbild aussagt als über die behandelte Figur. (Ich möchte mich hier vor einer Verallgemeinerung, jede historische Biographie betreffend, hüten).
 Ganz grob kann man die Bearbeiter des Themas “Saint-Germain” in zwei Lager einteilen. Auf der einen Seite stehen die Skeptiker (meist vergangener Generationen), die ständig bemüht sind, dem “Wundermann” hinter die Schliche zu kommen. Sie durchstoßen oft das ihn umgebende Dunkel, sind aber trotzdem wenig erhellend. – Auf der anderen Seite findet man die verstehenden Metaphysiker (meist jüngerer Geburt), die zwar oft an den Fakten vorbei schauen, dabei aber intuitiv das Richtige sehen können. -
Das Amateurwesen hat bei unserem Gegenstand überhaupt seine Vorzüge. Die nicht rein fachlich gebundenen Autoren sind wenigstens nicht unbedingt autoritätsgläubig wie Historiker, z.B. bei uns G.B. Volz, für den die “staatstragenden Kräfte” – Botschafter, Außenminister und andere – von vornherein zuungunsten des einzelnen, im Recht sind. Kommt noch eine vagierende und in ihren Ressourcen nicht zu ergründende oder im bürgerlichen Sinne nicht klar durchschaubare Existenz hinzu, so ist das Urteil von vornherein gesprochen.

Beispiel ist die Affäre Choiseul (die ich schon erzählt habe), in welcher der Graf von Frankreich König erst heimlich benutzt und dann nach dem unverschuldeten Mißerfolg fallengelassen wurde. Beispiel ist auch das Unternehmen Färberei Nettine in Tournai, bei dem der “Scharlatan” Saint-Germain von der Geschichtsgröße Kaunitz übers Ohr gehauen wurde. Kurz der Verlauf: Saint-Germain bot dem Wiener Hof über dessen Botschafter in Brüssel, Cobenzl, seine chemotechnisehen Kenntnisse an. Er wollte seine Fertigkeiten in der Tuchfärberei einer Fabrik zur Verfügung stellen, die mit dem Gelde der BankiersfamilieNettine und Subsidien Wiens gegründet werden sollte. Saint-Germain ging es dabei allein um die Gründung einer Industrie zum Wohle des Landes. Er selbst wollte nur die Auslagen für seine Vorexperimente ersetzt haben und, wie wir heute sagen würden, ein Gehalt als Technischer Leiter.  Stattdessen zog man erst sein Wissen aus ihm heraus und jagte ihn dann davon. Kaunitz ließ dann doch von der Fabrik ab, da er um die Privatindustrie der österreichischen Niederlande fürchtete, wenn der Staat sich allzu sehr selbst beteiligen würde. Die finanzielle Zwangslage, in die er damit die Nettines brachte, wurde offiziell dem Saint-Germain zur Last gelegt, und so steht er noch heute – ein frühes Opfer von Medienmacht – vielfach als Gauner da, obwohl er von den Repräsentanten eines der größten europäischen Herrscherhäuser gerupft worden ist.
Zu sagen “Was aber bleibt, stiften die Dichter” wäre trotz allem ein ungerechtes Urteil, vor allem den französischen Autoren der Sekundärliteratur gegenüber. Auffällig ist allein schon ihre Anzahl. Der Graf von Saint-Germain wird in Frankreich, trotz seiner andersartigen Herkunft, nicht nur seines Pseudonyms wegen als französische oder vor allem zu diesem Lande gehörende Erscheinung angesehen. Das hat dann seine Berechtigung, wenn man bedenkt, daß er in der relativ kurzen Zeit seines Aufenthalts dort und nur dort im vollen Lichte der Öffentlichkeit gestanden hat, und daß es kaum andere als französisch schreibende Zeugen seines Lebens gibt. Man kann seinen Namen solchen wie Diderot und Grimm beimischen, und er ist im ganzen mit tout Paris dieser Zeit verbunden. 
Infolgedessen sind aus der Feder französischer Autoren gerade nach dem 2. Weltkrieg eine Reihe fundierter Monographien entstanden, die entweder selbst neue Fundamente gelegt haben (Chacornac, L’hermier) oder aber auf bereits bestandenen aufgebaut und die Perspektiven richtig zurechtgerückt haben (Delorme, Heim).
 Im Deutschen gibt es demgegenüber sehr wenig. Der Graf von Saint-Germain wird hier offenbar als Fremdling empfunden, und dazu noch als anrüchiger. In der neueren Zeit bilden eine Ausnahme nur die beiden Arbeiten von I. Tetzlaff, die Vorstudie “Unter den Flügeln des Phönix”, die sehr zur Beschäftigung mit dem Thema anregt, und die daraus hervorgegangene Romanbiographie, die ganz neue Aspekte eröffnet und Seiten aufschlägt, die bisher gänzlich unbekannt geblieben sind.
 Zwar schrieb Maurice Heim schon 1957, es gäbe schon so viele Schriften, die sich auf den Grafen von Saint-Germain bezögen, daß es schon einiger Kühnheit, wenn nicht gar der Anmaßung (“presomption”) bedürfe, ein weiteres Mal ein “oeuvre originale” über den Stoff zu versuchen, aber er fährt dann fort mit der Bemerkung, er hätte es gewagt, denn das Thema sei noch nicht erschöpft.
 Noch bunter als bei den Werken, ‘die sich mehr oder weniger an die Fakten gebunden fühlen, ist das Bild in der reinen Belletristik. Es reicht von der Räuberpistole (Karl May) bis zur religiösen Betrachtung (Eduard Lenz), vom Idyll (“Der Elf mit dem blauen Helm”) bis zur dämonischen Gespenster- und Vampirgeschichte (“Die Abenteuer in der Sierra Morena”). Die Spannweite der Autoren geht von Puschkinbis zu Phineas Taylor Barnum, dem amerikanischen Zirkusdirektor und Schausteller; von Johanna von Koczian bis zu Honore de Balzac (wobei als Ergebnis am Rande zu verzeichnen ist, daß die SuUB Hamburg (Stabi) keine deutschsprachige Gesamtausgabe seiner Werke besitzt). Der Herr von Knigge – ein Verkannter – ist daran ebenso beteiligt wie das Deutsche Fernsehen (über Johanna von Koczian).
 Die Okkupationen seiner Person werden natürlich längst nicht alle Saint-Germain gerecht. Häufig wird nur ein interessantes Detail bei ihm benutzt (sein Tee, sein “Lebenselixier“), so bei Knigge, oft muß er nur seinen Namen hergeben für Begebenheiten, die nur sehr entfernt mit ihm zu tun haben (Potocki). – Es gibt Titel, in denen er allein Gegenstand der Darstellung ist oder eine sehr große, wenn auch nicht immer historische Rolle spielt (Oettinger, Lamothe-Langon), und man findet solche, in denen er die eigentliche Geschichte nur von fernher auslöst (Pique Dame).
 Entsprechend vielfältig sind Charakterisierung und Auftrittsart. Entweder ist er der große edle Retter mit magischen Kräften (Winckelmann) oder aber man bekommt ihn als kleineres Menschenkind vorgeführt, das sich, älter geworden, Jesus Christus anschließt und ihm dabei hilft, den eigenen Freund aus dem Tempel von Jerusalem auszutreiben (Jan Potocki). Manchmal agiert er pompös auf Bühnenbrettern (Karl May: Das Zauberwasser), dann wieder zieht er lieber im Hintergrund still seine Fäden (Lamothe-Langon: Le comte de Saint-Germain et la Marquise de Pompadour). Fast immer aber ist er änigmatisch, die geheimnisvolle Gestalt, die niemand ergründen kann. -
Im letzten Abschnitt will ich noch einmal versuchen, sie zu umkreisen.

 

Schlußchor

 

Die Frage “Der Graf von Saint-Germain? Wer war denn das?”, – kann ich sie jetzt beantworten?

Mit knapper Auskunft immer noch nicht; ich kann immer noch nicht mehr mitteilen als: er war ein Mensch, von dem dies und das gesagt wird. Die Herkunft unbekannt, das Ende trotz allem leicht verschleiert; keine Kenntnis von seiner Muttersprache, eine Auswahl von 20 – 30 Namen; und eine rechte Profession läßt sich auch nicht angeben, jedenfalls nicht mit einer einzigen Vokabel.
 Wenn ich heute aufgefordert würde, nun endlich eine einigermaßen stichhaltige Eintragung für ein Universal-Lexikon zu verfassen, würde diese etwa so aussehen:


”Saint-Germain, Graf von (Pseudonym), vermutl. geb. 1696 Cluj (Klausenburg) oder 1700 Bayonne, gest. 1784 Eckernförde; umstrittene, aber wahrscheinl. adelige Herkunft; viel verkannte, verleumdete und m. anderen verwechselte Gestalt des 18. Jh. – (s. Saint-Germain, Claude-Louis), polyglotter Weltmann, Reisender, auch Diplomat i. geh. Mission; Chemotechniker (Farben und Mineralien) und “Alchimist”, Metallurge und Pharmakoloqe; Komponist (z.T. unter Pseudonym “Giovannini”) (Oper “Le Incostanza delusa”) und Violinvirtuose; u.U. Freimaurer/Rosenkreuzer; frühzeitiger Verfechter des Gedankens eines vereinigten Europa”.

Vom Standpunkt eines bürgerlichen Karrieredenkens aus könnte man Saint-Germains Dasein vielleicht sogar die Biographie eines Scheiterns nennen. Mußte er nicht ständig bei irgendwelchen hohen Herrschaften Unterschlupf suchen? Mußte er sich bei diesen nicht doch dann und wann “Zutritt verschaffen” ehe sie ihn “einen der größten Weltweisen, der je gelebt hat” nannten? Allzuviel scheint bei ihm Plan geblieben zu sein, auch wenn er daran nicht immer selbst die Schuld trug. Aber möglicherweise ist das alles nur ein Trugschluß, und es wird sich herausstellen, daß er ein großer Anreger war, dessen Zukunft noch nicht ganz eingetreten ist. –

War der sogenannte Graf von Saint-Germain ein Taschenspieler oder ein Halbgott? Die Frage ist nicht scherzhaft gemeint. Neben dem ganzen Rokokogesellschaftsklatsch ist auch ein Gedicht überliefert, das als Untertitel unter seinem bekanntesten Porträt zu finden ist:

“Ainsi que Promethee, il deroba le feu, Par qui le monde existe et par qui tout respire; La nature ä sa voix obeit et se meurt. S’il n’est pas Dieu lui-meme, un Dieu puissant l’inspire”

Nicht wenig. Aber damit noch nicht genug. Den an die Nüchternheit verbreitenden Äußerungen von Mme. De Genlis Gewöhnten trifft geradezu mit Wucht die Selbsteinschätzung, die Saint-Germain in einem Brief an den Grafen Alvensleben von sich gibt:

“Je tiens la nature dans mes mains et comme Dieu qui crea la monde, je puis moi aussi faire sortir du neant ce que je veux.” ‘

Selbst wenn man ihm das abnimmt; war es nicht, nach Alexander von Lernet-Holenia

„bei ihm so wie bei uns allen, daß die moralische Existenz nicht immer mit der geistigen übereinstimmt?“

Ich kann das nicht entscheiden. Vielleicht war Saint-Germain dieser Zwiespalt aber auch ganz gleichgültig, und er hatte sich mit einem ganz anderen abzuplagen, dem Eduard Lenz Ausdruck verleiht:

‘
”Warum fand er überall erbitterten Widerstand? Er wäre der Welt sicherlich als Artist, Sprachenkenner, Wissenschaftler, Diplomat und Techniker willkommen gewesen. Sie hätte auch dem Mystiker und Träumer anderer Welten die Türen geöffnet. Aber daß er beides zusammen war, daß er wissenschaftlich-technische Kultur mit den Erfahrungen des höheren Daseins verband, das verziehen ihm die Mächte nicht so schnell. Darinnen liegt aber das Bedeutsame seiner Erscheinung. Wer den Mystiker in ihm suchte, fand den Chemiker. Und wer den Weltmann wollte, wurde vom Seher überrascht.”

Am Ende dieser Ausführungen kommt Lenz zu den Worten

“Er war bei vielen zu Gast, aber die Vielen kehrten nicht in seinem Wesen ein.”

Worin bestand dieses Wesen? Eine große Frage. “Saint-Germain muß wirklich die Fähigkeit gehabt haben, andere in ihm sehen zu lassen, was er wollte“

Wohlgemerkt: was er wollte

https://st-germain.de/fognin/der-digitale-bettler/

Redaktionell: 

Scan-Exemplar. Fußnoten aus techn. Gründen entfernt

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Cluj Klausenburg, Bayonne, Eckernförde, Giovannini, Mme. De Genlis, Graf Alvensleben, Alexander von Lernet-Holenia, Eduard Lenz,, Alexander von Lernet-Holenja, Eckernförde, Claude-Louis de Saint-Germein, Alchimist, Alchimie, Cagliostro, Marquis de Belmar, Bellamare,  Landgraf  Karl von Hessen-Kassel, Schloß Gottorf, Schleswig, Eckernförde, Karl-Heinrichs von Gleichen, Heimatbuch des Kreises Eckernförde, Indira Gandhi, Lexikon des Geheimwissens, Horst E. Miers, Ludwig XV., Karl von Hessen-Kassel, Heinrich IV. von FrankreichÉtienne-François de ChoiseulLudwig XV., Rosenkreuzer, Friedrich II. von Preußen, Karl II. von Spanien, Maria-Anna von (Pfalz-) Neuburg, Almirant von Kastilien, Juan-Thomas Enriques de Cabrera, Herzog von Rioseco, Graf von Melgar, Maria-Anna zu Bayonne, Paul Chacorna, Fürst Franz II. Rakoczy von Siebenbürgen, Transsylvanien,  Amalie-Charlotte von Hessen-Rheinfels, Giovanni Gaston Medici, Tsárogy, Graf Alvensleben, Friedrich II. von Preußen, Giovanni, Count de Saint-Germain, Giovannini, Charlotte Amalie von Hessen-WanfriedCharles Louis Auguste Fouquet de Belle-Isle  (?), Madame de PompadourLudwig XV., Johann Karl Philipp Graf CobenzlPhilipp von CobenzlWenzel Anton von Kaunitz-RietbergChristian Friedrich Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach,  Friedrich II. von PreußenFriedrich August von Braunschweig-WolfenbüttelPrinzessin Anna Amalie von PreußenKarl von Hessen-Kassel, Franz II. Rakoczy, Marie-Anne von Pfalz-Neuburg, uan-Thomas Enrique de Cabret, Herzog von Rioseco, Graf von  Melgar, Almirant von Kastilie, Marquis de Marigny, Abel-François Poisson de Vandières, marquis de Marigny, Marschall de Belle-Isle,  Grafen 
Bentinck van Roon, Pierre Rotari,  Schloß Gottorf, Schleswig, Louisenlund, Saint-Germain-Tee[2], Fürsten Ferdinand Lobkowitz auf Schloß Raudnitz, Frans Wittemans, G. B. Volz, Isabelle Cooper Oakley,  Grafen Lamberg, Napoleon III., Mme. de Geniis, Friedrich II, Alchemie, Karl von Hessen-Kassel, Dr. Lossau, Friedrich von Preußen, Freimaurer, Rosenkreuzer, Guggomoos,  Philalethen, E. E. Eckert, Franz Hartmann,  Franz Hartmann,  Pierre Ceria,  Francois Ethuin, Frans Wittemans, Baron von Gleichen, Giacomo Girolamo Casanova, Madame Genlis, Graf Warnsted, Baron von Gleichen, Honoré de Balzac, Lukrez, Mercier,  Alchemie, Lascelles Wraxall, Georg Hesekiel, Friedrich Bülau,  Struensee, Kaspar Hauser,  König Ferdinand VI. von Spanien, Kongreß in Wilhelmsbad, Schleswig, Eckernförde, Rendsburg, OkkultismusIndira Gandhi, Schleswig-Holstein, Lamberg, Baron von Gleichen, Karl von Hessen-Kassel, Chevalier d’Eon (=), Charles-Geneviève-Louis-Auguste-André-Timothée d’Éon de Beaumont, Lebenselixier, Solar, Caldwell, Welldone, Schloss Ubbergen, Tsarogy, Voltaire,  Beaumarchais. Louis Dutens, Abbè Raynal, Francesco Algarotti, Friedrich der Große, Leopold Georg von Rakoczy, Claude-Louis de Saint-Germain, Marschalls von Belle-Isle, Katharina II. (die Große), Lebenselixier, G. B. Volz, Paul Chacorna, Gauve, Mylord Gower, Choiseuls, Madame Choiseul, Karl V., Konzil von Trient, Hochzeit von Kanaa, Heilige Anna, Baron von Gleichen, Rakoczy, Choiseul, Alexander Lernet-HoleniaJohann Maximilian von Lamberg, Napoleon III., Mme. de Pompadour, Barbé-Marbois, Baron Etienne de Lamothe-Langon, Hermann Schreiber, Ludwig des Vielgeliebte, Gustav Berthold Volz, Friedrich Bülau, Karl-Heinrich von Gleichen, Louis Claude de Saint-Martin, Jacob Böhme, Swedenborg, Giacomo Casanova de Seingalt, Marquise d’Urfée,  Pariser Kommune,  Graf Lamberg, Irene Tetzlaff, Gräfin von Gergy, Graf  Lemberg, Michel de Montaigne, Aqua benedetta, Lebenselixier, Baron von Gleichen, Karl von Hessen.Kassel, Schleswig, st-Nicolai-Kirche Eckernförde, Madame Duhausset, Adyar , Theosophie, Meister Rakosci, Francis Bacon, Mönch Robertus, Hunyadi János,  Christian RosenkreutzRoger Bacon, Meister des siebenten Strahls, Eckernförde, Helena Petrovna BlavatskyAlice Bailey, Lernet-Holenia, Langeveld, Dannenberg, Irene Tetzlaff, Lamothe-Langon , Heim, Schleswig, Karl von Hessen-Kassel, G.B. Volz, Choiseul, Färberei Nettine in Tournai, Kaunitz, Cobenzl, Subsidien, Diderot, Grimm, (Chacornac, L’hermier, Delorme, Maurice Heim, Karl May, Eduard Lenz, Alexander Sergejewitsch PuschkinPhineas Taylor BarnumJohanna von KoczianHonoré de BalzacFreiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge, Lebenselixier, Potocki, Oettinger, Winckelmann, Jan Nepomucen Graf Potocki,